Als Erika Strohrigel am 18. August 1916 in Preßguts bei Weiz auf die Welt gekommen ist, war die Welt noch eine andere: Österreich war ein Kaiserreich und in Europa tobte der Erste Weltkrieg. 107 Jahre später – "das ist schon sehr viel, so eine alte Schachtel bin ich schon?!" – feiert die Oststeirerin heute im Seniorenhaus Menda in Hartberg als älteste Steirerin ihren Geburtstag.
Auf eine Torte kann sie dabei getrost verzichten – auf Eierlikör jedoch nicht. "Ich trinke aber nur ein, zwei Stamperln, sonst habe ich einen Rausch", sagt Strohrigel, die abgesehen von einer starken Fehlsichtigkeit körperlich sowie geistig bemerkenswert fit ist.
Kein Glück mit Männern, aber ein "braver Sohn"
Bemerkenswert war auch ihr Leben. Nach der Hauptschule ging sie mit 14 Jahren nach Wien, um Lehrerin zu werden. Sie machte den Führerschein, besaß ein eigenes Auto – "mein erstes Auto war ein Renault". Für eine Frau zur damaligen Zeit besonders. "Mein Vater war Lehrer, er wollte, dass auch seine Kinder eine gute Ausbildung haben", erzählt Strohrigel, die zweimal verheiratet war.
Mit den Männern habe sie kein Glück gehabt. "Aber mein Sohn ist ein ganz Braver. Der ist bei mir aufgewachsen", erzählt die 107-Jährige, die mehrmals in der Woche mit ihrem Sohn telefoniert. Regelmäßig besucht er sie, Familie ist ihr wichtig. Trotz ihrer Fehlsichtigkeit hat Strohrigel den Durchblick, fragt nach, erzählt frei heraus. Die Neugierde ist mit dem Alter nicht erloschen, der Schmäh nicht eingerostet.
Mit 100 Jahren ins Seniorenhaus
Strohrigel, die mit einem Gehstock noch heute mobil ist, ist viel herumgekommen in ihrem Leben, ging wandern, entspannte in der Therme, reiste nach Amsterdam, Monaco und Rom. "Zum Papst, aber der war nicht daheim." Jahrelang hat sie in Wien gelebt, ehe sie mit ihrem zweiten Mann zurück in die steirische Heimat gezogen ist. "Wir haben in Hartberg ein Haus gebaut", erzählt die Großmutter eines Enkelkindes.
Vor sieben Jahren siedelte sie ins Seniorenhaus. "Jetzt bin ich 100 Jahre alt, jetzt gehe ich halt ins Menda", erinnert sie sich, "da ist es nicht mehr anders gegangen." Vieles gehe heute nicht mehr. "Najo, ich sehe ganz schlecht, kann nicht mehr lesen." Auch Kartenspielen sei schwierig. "Die schmieren mich ja immer beim Schnapsen." Aber tratschen und Neuigkeiten austauschen, das gehe noch.
Ihr Leben sei ganz schön, sagt sie. "Ich habe liebe Eltern gehabt. Es hat alles gepasst, so wie es war." Zum Geburtstag wünsche sie sich nichts – "was soll ich mir noch wünschen?". Außer Eierlikör vielleicht. Johann Fuchs, Hausverwalter im Menda, habe ihr versprochen, er bringt einen zur Feier mit. "Aber der wird sicher vergessen", so Strohrigel. Da kann Pflegedienstleiterin Alexandra Peinsipp beruhigen: "Der Eierlikör steht schon bereit."