Das Sachprogramm "Erneuerbare Energie" des Landes Steiermark sorgt für viel Wirbel bei den oststeirischen Landwirten. Denn es wurden zahlreiche landwirtschaftliche Flächen als Vorrangzonen für Freiflächen-Photovoltaikanlagen ausgewiesen. Die Schölbinger Bauern stellen sich nun in einem offenen Brief gegen den PV-Plan des Landes.
Hochwertige landwirtschaftliche Flächen
Allein in der Gemeinde St. Johann in der Haide wurde eine Fläche von 26 Hektar vonseiten des Landes ausgewiesen. "Unsere Grundstücke sind zum Großteil Flächen in Hofnähe", schreiben die Schölbinger Bauern in ihrem offenen Brief an Landesrat Johann Reisinger. Dass es sich dabei um wenig ertragreiche Flächen handeln soll, widersprechen die Landwirte: "Auf diesem Acker wächst zum Beispiel der Kürbis, der gerade erst Gold bei der Landesprämierung geholt hat", erzählt Johann Reisinger vom Reisingerhof.
Auf einigen dieser Flächen wird auch seit Jahren in Zusammenarbeit mit der Ökoregion Kaindorf Humusaufbau und Erosionsschutz betrieben, berichten die Landwirte Martin Stumpf und Christoph Winkler. "Wir sind wirklich enttäuscht, dass gerade so hochwertige Flächen für Photovoltaik-Versiegelung in Anspruch genommen werden sollen", kritisiert Reisinger weiter. Aus Protest gegen das Sachprogramm stellen die oststeirischen Landwirte zudem ihre Funktionen im Ortsbauernrat mit sofortiger Wirkung ruhend.
Angst vor Enteignung
In dem offenen Brief betonen die Schölbinger Landwirte außerdem die Wichtigkeit von Ackerflächen für die Lebensmittelversorgung. "Uns ist natürlich bewusst, dass der Strom nicht aus der Steckdose kommt, der Politik sollte aber auch bewusst sein, dass Getreide für unser täglich Brot nicht auf dem Parkplatz von Supermärkten wächst", heißt es darin.
Auch die Angst vor Enteignung ist vonseiten der Schölbinger Landwirte groß, wie Reisinger schildert: "Wir mussten bereits durch den Bau der Südautobahn Ackerland abtreten." Aus dem Büro des Landesrats Seitinger versichert man hingegen, dass es zu keinen Enteignungen kommen wird. Zudem will man Kontakt zu den Landwirten aufnehmen, um etwaige Bedenken endgültig auszuräumen: "Außerdem werden die Experten in den zuständigen Abteilungen sich die Lage hier noch einmal genau anschauen", sagt Andreas Kaufmann, Pressesprecher des Landesrates.
Gemeinde will Stellungnahme verfassen
Bürgermeister Günter Müller steht hinter den aufgebrachten Landwirten seiner Gemeinde. "Wir haben alle Grundeigentümer zu einem Gespräch mit Landwirtschaftskammer und Raumplaner eingeladen, um eine Stellungnahme zu verfassen", sagt Müller. Dadurch möchte man versuchen, einige der Flächen aus dem Sachprogramm zu nehmen. Bis die Begutachtungsfrist am 24. März abläuft, will man die Stellungnahme übermittelt haben.
Vera Immitzer, Geschäftsführerin von Photovoltaik Austria, betont jedoch, dass ohne Freiflächen-Anlagen eine Umsetzung der Klimaziele bis 2030 nicht möglich sei. "Wir glauben zwar, dass wir genügend versiegelte Flächen hätten, die können wir jedoch nur zu einem geringen Teil nutzen", sagt die Expertin. Dennoch schließt auch sie eine Enteignung der Grundeigentümer aus: "Nur, wenn die Besitzer die Flächen zur Verfügung stellen, wird dort auch eine Anlage errichtet, sonst nicht."