Die Geschichte beginnt am 21. Mai dieses Jahres. Noch ahnte niemand der fünfköpfigen Familie Titz aus Mahrensdorf, wie kurios der kommende Sommer werden konnte. "Ein ganz normaler Tag, der plötzlich durch ein junges Rabengeschrei unterbrochen wurde", erzählt Wolfgang Titz. Plötzlich saß im Garten ein Krähenjunges - scheinbar aus dem Nest gefallen: "Das Muttertier hat ihn nicht mehr aufgenommen, sofort haben wir ihn verarztet und umsorgt", erzählt der Familienvater. 

Verhaltenstrainerin

Sogleich hatte das Tier einen Namen: "Luis" wurde der Rabe getauft und die Familie hatte ihm prompt einige kleine Ersatznester im Garten gebaut. "Er war wie unser kleines Familienbaby", erinnert sich Tochter Melanie Titz. Ihr ist Rabe Luis schon in den ersten Tagen ans Herz gewachsen. "Ich erinnere mich, als ich ein Kind war, haben mich diese mysteriösen Tiere sehr interessiert, ich wollte immer eine Krähe aus der Nähe sehen", schmunzelt die 28-Jährige und greift in eine blaue Leckerli-Box.

Melanie Titz und Rabe Luis
Melanie Titz und Rabe Luis © privat

"Luis" weiß schon, was das für ihn bedeutet - er kommt angeflogen und landet selbstbewusst auf der Schulter der Oststeirerin. "Raben sind offenbar wirklich clevere Vögel. Er weiß durch einen Handgriff, wann er eine Belohnung bekommt und dass er dafür auch brav sein muss", sagt Melanie Titz lachend und spricht jene seltsamen Dinge an, die seit Mitte Mai im Hause Titz passieren.

"Luis verbindet uns als Familie sehr, plötzlich haben wir alle ein gemeinsames Haustier", erzählt Sohn Marc. Am Mittagstisch im Garten sei er genauso anwesend, wie beim Rasenmähen. Doch es scheint auch Momente zu geben, in denen der gefiederte Freund der Familie mehr Arbeit als Spaß macht. "Der Luis ist ein Schlingel. Ob Leckerli, Schmuck oder Autoschlüssel, der Vogel versteckt sämtliche Sachen im Haus und wir können sie dann suchen. Das ist nicht immer lustig", lacht Melanie. Weil der Vogel auf sie am meisten hört, wurde sie familienintern zur Vogel-Verhaltenstrainerin ernannt. "Hin und wieder braucht Luis ein lautes Wort. Wir sind aber schnell wieder Kumpel", schmunzelt die Angestellte. 

Nestwärme

"Stubenrein wird Luis wohl nie werden", lacht Papa Wolfgang und geht wie so oft um eine Kehrschaufel in den Garten. "Dennoch bleibt er ein Seelenfreund." Mehrmals hat das Tier nun schon die nähere Umgebung erkundet, ist nach wenigen Stunden aber zu seiner Pflegefamilie zurückgekehrt. "Sollte der Bursch mal flügge werden, so hoffen wir, dass er neue Freunde findet, seine alte Pflegefamilie hier aber nicht vergisst", so Wolfgang Titz, "er wird immer sein Nest bei uns im Garten haben".

Wolfgang Titz, (k)ein echter "Raben"-Vater...
Wolfgang Titz, (k)ein echter "Raben"-Vater... © privat