Explodierende Strompreise und die Abhängigkeit von Gas, Öl & Co lassen den Ruf nach erneuerbarer Energie immer lauter werden. Doch die Nutzung von Sonnenstrom stößt nun in manchen Regionen an Grenzen. Im Pöllauer Tal etwa heißt es bei der Errichtung von Fotovoltaikanlagen derzeit bitte warten – zumindest wenn man plant, den Strom wie üblich ins Netz einzuspeisen.
Dieses ist der wachsenden Zahl kleiner Erzeuger nämlich nicht mehr gewachsen. Es drohe im Falle weiterer dezentraler Einspeisungen "großflächig zu unzulässigen Spannungsanhebungen im Stromnetz" zu kommen, heißt es in einem abschlägigen Schreiben des dortigen Netzbetreibers Feistritzwerke an einen Antragsteller, das der Kleinen Zeitung vorliegt.
Feistritzwerke-Geschäftsführer Erich Rybar bestätigt, dass es derzeit in Pöllau keine Einspeisemöglichkeit für Fotovoltaik gibt, er rechnet sogar mit weiteren Engstellen im Netzgebiet. "Die Leitungen sind nicht dazu ausgelegt. Wenn alle zugleich Strom einspeisen, was bei Sonnenenergie der Fall ist, kommt es zu einer Überspannung und einem Netzausfall."
Als Versäumnis der Feistritzwerke will er das jedoch nicht sehen, es sei schließlich laufend massiv in den Netzausbau sowie in Trafostationen investiert worden: "Die Politik hat aber auf uns Netzbetreiber vergessen, dass dieser Ausbau etwas kostet. Es braucht finanzielle Rahmenbedingungen, sonst schaffen wir die Energiewende nicht." Wann wieder eingespeist werden könne, hänge laut Rybar auch von der Verfügbarkeit von Kabeln ab. "2023 soll die Leitung ins Pöllauer Tal jedoch errichtet sein."
Probleme in mehreren Regionen
Das Problem beschränkt sich jedoch nicht nur auf Pöllau, auch in anderen Gebieten in der Ost- und Südoststeiermark wird es eng. Während im Stadtgebiet von Hartberg noch ausreichend Netzkapazität verfügbar sei, seien im ländlichen Umfeld bereits vereinzelt Einspeisebegrenzungen notwendig, heißt es von den Stadtwerken Hartberg. Auch in bestimmten Bereichen im Netzgebiet der Stadtwerke Fürstenfeld erwartet man zukünftig Kapazitätsprobleme.
Hauptgrund für die Überlastung der Netze ist die massive Erhöhung der Einspeiseleistung in den vergangenen Jahren. "In den vergangenen sechs Jahren hat sich diese um 82 Prozent erhöht, der Verbrauch jedoch nur um neun Prozent", berichtet Rybar aus seinem Netzgebiet. Aktuell habe er zudem Anfragen für Fotovoltaikanlagen im Bereich von 270 bis 300 Megawatt.
Enormer Rückstau
In der gesamten Oststeiermark warten sogar Fotovoltaikanlagen mit einer Gesamtleistung von 600 Megawatt auf eine Netzeinspeisung, heißt es bei der Energie Steiermark. "Damit könnte man an einem sonnigen Tag die gesamte Steiermark versorgen", sagt Sprecher Urs Harnik-Lauris. Rund 150 Millionen Euro investiert der Konzern nach eigenen Angaben jährlich in die Ertüchtigung von Netzen und Transformatoren, um den Ansturm an neuen Einspeisern verdauen zu können. "Der gesamte Investitionsbedarf beträgt rund eine Milliarde Euro", sagt Harnik-Lauris. "Das wird gerne unterschätzt, aber erneuerbare Energie ist eben nicht nur ein Produktionsthema, sondern auch eines des Netzes."
Aktuell speisen etwa 25.000 Fotovoltaikanlagen mit gesamt rund 430 Megawatt Leistung ins steirische Stromnetz ein. Seit 2017 hat sich die Fotovoltaikfläche im Land vervierfacht, bis 2030 soll sie noch viel stärker um eine Erzeugungsmenge von 1,9 Terawattstunden wachsen. Das entspricht rund 20 Prozent des jährlichen steirischen Stromverbrauchs. Allein die Energie Steiermark plant Anlagen mit 300 Megawatt Leistung. An allen Ecken und Enden des Landes tauchen Pläne für Fotovoltaik-Großanlagen mit Flächen von bis zu 20 Hektar auf.
Kaum Alternative zur Einspeisung
Alternativen für die Einspeisung des erzeugten Stroms ins Netz gibt es nicht für jeden. Vera Immitzer, Geschäftsführerin des Bundesverbands Photovoltaic Austria, ordnet Eigenverbrauchsanlagen, deren Strom nicht ins Netz eingespeist, sondern mittels Batterien gespeichert wird, eher als Einzellösung ein. "Wir brauchen den Strom schließlich im Netz", sagt Immitzer. Die Lösung könne nur in einem rascheren Ausbau der Netze liegen. Dabei nimmt sie die Netzbetreiber als Dienstleister in die Pflicht: "Sie haben hier zu wenig vorausschauend und langfristig geplant."
Wann im Pöllauer Tal wieder eingespeist werden kann, hängt laut Feistritzwerke-Chef Rybar auch an der Verfügbarkeit von Kabeln. "2023 soll die Leitung aber errichtet sein."