Es war Dienstag Mittag, als Danijel Mitar in Fürstenfeld mit seiner Familie gerade beim Essen saß und ihn seine Schwester, ebenfalls hier zu Hause, anrief. „ ,Hast du das Erdbeben gespürt‘, hat sie mich gefragt, aber ich habe nichts wahrgenommen. Und in dieser Sekunde hat auch schon mein Bruder, der in Kroatien lebt, angerufen und geweint. Aber die Verbindung ist sofort abgebrochen – eine Stunde lang“, berichtet Mitar. Die Nachrichten aus seiner Heimat, in der er bis zum 13. Lebensjahr gelebt hatten, verbreiteten sich über die Medien rasch. Sein Heimatort Gornje Mokrice hat rund 150 Einwohner und liegt nur sieben Kilometer von der Stadt Petrinja, in der das Epizentrum des starken Bebens gelegen ist, entfernt.
Später meldete sich Bruder Tomislav wieder. Dessen Tochter kam nur mit viel Glück mit dem Leben davon. „Sie ist gerade aus dem Haus gelaufen, als der Rauchfang auf die Straße gestürzt ist. Es war ganz knapp“, so Mitar.
Alle rund 40 Häuser seines Heimatortes sind stark beschädigt, es gibt kein einziges, wo das Dach noch dicht ist. „Ich habe mich dann am Abend entschlossen, hinunter zu fahren. Ich wusste ja gar nicht, ob ich wegen Corona über die Grenze komme, aber sowohl in Slowenien als auch Kroatien war es kein Problem. Als ich dort war, habe ich auch einen kurzen Blick in unser Haus geworfen, obwohl alle gesagt haben, es sei zu gefährlich. Das ganze Mobiliar ist zerstört“, berichtet er. Die Leute in der Heimat haben im Freien oder in den Autos übernachtet.
Vier Kinder von 8 bis 14 Jahren aus der Verwandtschaft hat er derweil mit nach Österreich genommen, um sie vorläufig hier zu versorgen.
"Sie haben nichts mehr!"
Bereits am Donnerstag wird Danijel Mitar wieder nach Kroatien aufbrechen, diesmal wird der ganze Firmenbus voll mit Waren sein, die gestern rasch aufgetrieben wurden. „Sie haben nichts mehr! Alle Supermärkte sind ja auch zerstört. Es wird dauern, bis die Hilfe anläuft. Wir werden Wasser, Hygieneartikel, Konserven und vor allem Sachen für die Babys, Windeln, Flascherl usw. mitnehmen. Danach schauen wir einmal weiter.“
Seine Mutter und sein Bruder können vermutlich in einem Haus bei Verwandten einige Kilometer entfernt unterkommen, das nicht zerstört wurde. In Petrinja, einer Stadt mit rund 25.000 Einwohnern, sind nach ersten Meldungen rund die Hälfte aller Häuser komplett zerstört, auch der Rest sei einsturzgefährdet.
Wiederaufbau des Ortes fraglich
Ob Gornje Mokrice wieder aufgebaut werden kann, stünde laut Mitar zur Stunden noch nicht fest. "Die meisten Häuser sind alt, auch wenn sie, so wie das von meinem Bruder, gerade erst saniert wurden. Aber die Substanz ist mehr als 50 Jahre alt, da wurde noch nicht so gebaut wie heute."
Von Regierungen aus ganz Europa sind schon Hilfangebote gekommen. "Ich weiß nicht, wie schnell das geht. Im März war schon das große Erdbeben im Raum Zagreb und auch dort ist kaum noch etwas geschehen."
Danijel Mitar lebte bis zu seinem 13. Lebensjahr in Gornje Mokrice. Sein Vater arbeitete zu dieser Zeit schon in Österreich, er selbst kurz vor dem Kroatienkrieg im Jahr 1991 nach. "Mittlerweile sind wir 20 Mitars hier in Fürstenfeld. Hier ist das Zuhause für mich und meine Frau und unsere Kinder. Aber den Heimatort, wo ich aufgewachsen bin, vergisst man natürlich nie. Ich werde helfen, wo ich kann."
Raimund Heigl