Die Bundesregierung will Städten und Gemeinden finanzkräftig unter die Arme greifen. Dafür wurde vom Bund ein eigenes, laut Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) "noch nie dagewesenes" Gemeindehilfspaket in Höhe von einer Milliarde Euro geschnürt. Dies werde auch Arbeitsplätze sichern, erklärte der Kanzler bei einer Pressekonferenz am Montag.
Aktuell arbeite man an zwei Zielen, so Kurz. Man wolle die Ansteckungszahlen niedrig halten und die Wirtschaft wieder hochfahren. Beim Thema regionale Wirtschaft seien die Gemeinden und Städte besonders im Fokus.
Mit dem Geld wolle man eben diese regionale Wirtschaft ankurbeln, erklärte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne). Damit solle das Geld im wirtschaftlichen Kreislauf bleiben. Auch in den öffentlichen Verkehr und in die Sanierung von Gebäuden solle nun investiert werden, "was mich natürlich besonders freut", so Kogler.
"Baustein für Wiederaufschwung"
Das neue Paket sei "ein weiterer wesentlicher Baustein für den Wiederaufschwung", erklärte Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP). Mit dem Paket wolle man bestehende und zukünftige Investitionen stützen. Mögliche neue Projekte, die gefördert werden, sind der Ausbau von Schulen, Kindergärten, Breitband sowie ein Ausbau in den Bereichen öffentlicher Verkehr und Energieeffizienz. Die Verteilung richte sich nach dem Einwohnerschlüssel. Als Beispiel nannte Blümel die Gemeinde Sillian, die bis zu 200.000 Euro beantragen könne, Hartberg stehen 700.000 zu und Graz winken bis zu 36 Millionen Euro an zusätzlichen Mitteln. Der Zeitraum der Förderung laufe bis 31. Dezember 2021.
Gemeindebundespräsident Alfred Riedl (ÖVP) und der Präsident des Städtebundes, der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ), zeigten sich erfreut vom Paket und bedankte sich bei der Regierung. Städte und Gemeinden seien essenziell für die Wirtschaft, deshalb seien die finanziellen Mittel nun besonders nötig. Man könnte aber auch überlegen, die nun beschlossenen Mittel bereits für den laufenden Betrieb einzusetzen.
Kommunale Steuern kein Thema
Dem Dank schloss sich auch der oberösterreichische Landeshauptmann Thomas Stelzer, an, der derzeit den Landeshauptleuten vorsitzt. Das Paket sei wichtig für die Sicherung von Arbeitsplätzen.
Der geforderte Ersatz der kommunalen Steuern war bei der Pressekonferenz kein Thema mehr. Zu 100 Prozent werde man die Auswirkungen der Krise ohnehin nicht kompensiert können, sagte Blümel. Vergangene Woche war zwischen Bund und Ländern verhandelt worden, vor allem der Städtebund hatte dabei einen hundertprozentigen Ersatz für die durch die Coronakrise bedingten Ausfälle bei den kommunalen Steuern gefordert. Die zu kompensierenden Steuerausfälle werden mit 200 bis 400 Millionen Euro eingeschätzt.
Regionale Lockerungen?
Kanzler Kurz wurde auf die Forderung des Kärntner Landeshauptmanns Peter Kaiser angesprochen, der auf schnellere Lockerungen für gewisse Regionen wie Kärnten hofft, die derzeit kaum Ansteckungen verzeichnen. Man nehme diese Forderungen zur Kenntnis und könne ihnen grundsätzlich auch einiges abgewinnen, erklärte Kurz. Man müsse hier jedenfalls eine Debatte weiterführen.
Scharfe Kritik von Bundes-SPÖ
Scharfe Kritik am Corona-Investitionspaket kam am Montag aus der Bundes-SPÖ. Andreas Kollross, Kommunalsprecher im SP-Parlamentsklub und Bürgermeister von Trumau, sprach von einem "Rohrkrepierer". Auch Wiens Bürgermeister und Städtebund-Chef Ludwig (SPÖ) legte per Aussendung seine Wünsche fordernder auf den Tisch, als zuvor in der Pressekonferenz mit der Regierungsspitze.
"Alle Pakete dieser Regierung funktionieren nur vor laufender Kamera. Sobald diese ihr Rendezvous mit der Realität haben, ist es nicht mehr als Schall und Rauch", meinte Kollross: "Jedem ist bekannt, dass den Gemeinden und Städten alleine heuer 2 Milliarden fehlen. Jetzt kommt die Regierung mit 1 Milliarde daher und meint dies sei ein Investitionspaket. Das ist es nicht." Bestenfalls werde damit der laufende Betrieb "in so manchen Gemeinden" gesichert.
Auch FPÖ und Neos haben Bedenken
Mit kritischen Anmerkungen haben auch FPÖ und Neos am Montag das Gemeindeinvestitionspaket der Bundesregierung bedacht. Die Freiheitlichen befürchteten eine Umsetzung auf Amateurniveau, die Neos forderten einen Transparenzkatalog bei der Vergabe. Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) freute sich hingegen über 200 Mio. Euro für den Klimaschutz.
FPÖ-Wirtschaftssprecher Erwin Angerer sprach von einer von der Regierung aufgenommenen freiheitlichen Forderung, äußerte aber Sorgen wegen der Umsetzung. Beim Härtefallfonds und der Kurzarbeit ortete er hohe bürokratische Hürden und undurchsichtige Vorgaben. "Ich hoffe, dass beim Gemeindepaket keine derartigen Kriterien gesetzt werden, durch die viele Kommunen benachteiligt werden und wieder nur die großen städtischen Einheiten profitieren", so Angerer.
Neos-Budget- und Finanzsprecherin Karin Doppelbauer forderte das Finanzministerium auf, einen klaren Katalog mit Transparenz-Kennzahlen für Gemeinden zu erstellen. "Finanzminister Blümel muss dafür Sorge tragen, dass die Vergabe der Gelder nicht im stillen Kämmerchen stattfindet und stattdessen hundertprozentige Transparenz garantieren", forderte sie.
Umweltministerin Gewessler freute sich, dass das Gemeindepaket die vielfältigen Klimaschutzprojekte in den Gemeinden fördert. Sie nannte die thermische Sanierung und Errichtung von Gebäuden, die Schaffung von öffentlichen Wohnräumen, die Errichtung von Fotovoltaikanlagen und die Ladeinfrastruktur für E-Mobilität.