„Wissen Sie, wir kümmern uns um den Baum, wenn das Laub gefallen ist“, zieht ein junger blonder Mann am Knoten seiner weinroten Krawatte. „Die ist übrigens neu, seitdem ich im Unternehmen bin. Es muss nicht alles schwarz oder grau sein“, meint Jonas Jeitler. Ein Satz, der sich mittlerweile in das Ohr seiner Kolleginnen und Kollegen im Büro eingebrannt hat.
Als frisch gebackener Bestattermeister, übernimmt der Oststeirer in naher Zukunft das Hartberger Familienunternehmen. „Offiziell bin ich nun der jüngste Bestatter im Land und das macht mich schon ein wenig stolz.“ In die Nase zieht gerade ein Hauch von Desinfektionsmittel, als das Smartphone des Unternehmers wieder einmal zu läuten beginnt.
Licht und Dunkelheit
„Willkommen im Herzstück unseres Hauses. Hierhin kommt kein Mensch alleine, wir begleiten all unsere Kundinnen und Kunden, denn nach dem Tod eines geliebten Menschen ist es der erste Schritt des Weges, der zurück in die beinharte Realität führt“, erzählt Jeitler. Wir stehen im Sargraum. Eine Eichentruhe lehnt neben der anderen an der Wand, acht Särge stehen daneben.
Das Herbstlicht, das immer wieder durch die Ränder der Jalousien blitzt, sorgt für Ruhe und Geborgenheit im Raum. Ein helles Zimmer, das Licht in die so dunklen Stunden der Menschen bringen soll, meint Jeitler. „Angst in so einem Haus? Nein, das habe ich nicht. Ich wollte von klein auf in einem Bereich arbeiten, wo man am wichtigsten Moment im Leben eines Menschen teilhaben und helfen kann. Da gehört der Tod dazu. Ich arbeite ja mit dem Tod und nicht gegen ihn.“
Es ist ein Kommen und ein Gehen. Philosophisch betrachtet auf das Leben, aber auch, wenn es um das Büro im Familienbetrieb in der Michaeligasse geht. Läutet das Telefon einmal nicht, so klingelt es dort an der Tür. „Ob tragische Fälle bei jungen Menschen oder ältere Personen. Kaum stehen Kunden in der Tür, sind sie Angehörige von mir und ich behandle die Verstorbenen, als wären sie zum Beispiel meine Oma oder mein Opa“, erzählt Jeitler.
Zwar befindet sich das Unternehmen mit dem 20-Jährigen in der fünften Generation, aufgezwungen wurde ihm aber nichts, wie er klarstellen möchte. „Es war mein freier Wille. Mein Vater war verwundert, freut sich aber sehr. Der Job des Bestatters wird auch von mehr und mehr Jugendlichen nicht mehr als ekelig, seltsam und verstaubt angesehen. Eher als mutig, interessant und besonders. Es gibt mehr Interesse an der Branche, als wir Platz haben“, berichtet der junge Bestatter.
Sarg aus dem Auto gefallen
Eines aber scheint junge wie erfahrene Bestatter zu einen: „Nicht die Angst vor dem Tod oder irgendwelchen Geistern, man fürchtet sich vor sich selbst. Es liegt nämlich an uns, ob eine Begräbnisfeier problemlos abläuft oder nicht. Ich erinnere mich an einen Wiener Kollegen, der auf dem Weg zur Feier den Sarg verloren hat, weil sich der Kofferraumdeckel plötzlich geöffnet hat. Das wäre mein absoluter Albtraum“, greift sich Jeitler augenverdrehend auf die Stirn.
Mit ein Grund, warum der Oststeirer jetzt in ein nagelneues Bestatterfahrzeug investiert hat. „Innenbeleuchtung in Form eines Sternenhimmels und automatischer und lautloser Kofferraumverschluss inklusive“, freut sich Jeitler. „Wenn bei der Verabschiedung vor der Kirche, plötzlich ein Kofferraum zugeschlagen werden muss, dann hat das alles andere, als mit Pietät zu tun“, argumentiert Jonas Jeitler.
Leise und nachdenklich wird der Hartberger nur dann, wenn es um einen Fall im vergangenen Sommer geht: „Plötzlich in der Nacht ruft mich ein Vater an und sagte mit gebrochener Stimme, dass sein Sohn nicht mehr am Leben sei. Das hat mich geprägt, denn der Junge war ein Freund von mir“ erzählt Jeitler und ergänzt: „Ja, wenn ein Bestatter plötzlich Schweißausbrüche bekommt, dann weil ein junger Mensch verunglückt oder verstorben ist und abgeholt werden muss. Davor haben wir wirklich Angst.“