„Danke Hartberg, danke Steiermark, danke Österreich!“: Unter fulminantem Applaus und zu einem pompösen Lied aus dem Kinoklassiker „Fluch der Karibik“ betritt Herbert Kickl Sonntagmittag die Bühne in der Oststeiermark und spricht erstmals sei seinem Wahlsieg vor einer Woche zu seinen Wählern: „Hartberg ist heute die politische Bundeshauptstadt Österreichs“, ruft Kickl am Rednerpult.
Hunderte springen dabei auf die Tische. „Ich vermisse die Beate jetzt schon und den Andi und den Karl, oder wie sie alle heißen“, lacht Kickl ironisch. Der Parteiobmann wählte mildere Worte als noch in den Wochen zuvor. „Die Wände in den Parteizentralen von Schwarz und Rot wackeln, angesichts der bärenstarken freiheitlichen Partei.“
Moderate Sprache
„Kunasek bezeichnet er schon jetzt als „künftigen Hausherren“ bei den Oktoberfesten der nächsten Jahre in Hartberg. „Wenn dann ein Landeshauptmann Hofer und ein Landeshauptmann Kunasek zum Fest kommen, dann komme ich auch wieder“, verspricht der Parteiobmann dem jubelnden Festpublikum. „Du, lieber Mario, hast noch einen eiskalten Weg zu bestreiten, aber am Ende wirst du der Sieger sein“, wendet sich Kickl direkt an seinen Landesparteiobmann. „Denn du hast das Herz am rechten Fleck“, so Kickl weiter.
Wellenartig kommt Applaus. „Die werden noch ihr blaues Wunder erleben“, brüllt dabei eine Dame im Kärntner Dialekt in Richtung Bühne. Dort hat auch Norbert Hofer, dritter Nationalratspräsident, Platz genommen wie auch ORF-Stiftungsrat Peter Westenthaler und Politik-Blogger Gerald Grosz. Beide waren einst bei der FPÖ.
Ja, das wird es auch, ein rot weiß rotes Wunder soll es werden“, offenbart Kickl. „Pensionsantrag anstatt Asylantrag“, nennt der Parteiobmann nur einige wenige seiner Wahlversprechen. „Unsere wackelige Koalition von Rot und Türkis sucht schon nach pinken Stützradln, um sich überhaupt halten zu können. Aber diesen Plan werden wir durchkreuzen“. Kickl möchte mit einer ausgestreckten Hand auf die Parteien zugehen, ohne schmutzige Tricks und ohne Absichten einen Regierungspartner zu finden, wie er ankündigt. „Jetzt geht es um Euch und um unser Land“, so der Parteiobmann. Die Sprache der FPÖ scheint moderater geworden zu sein - auch im Gespräch mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen.
Regierungsbildungsauftrag bekommen?
„Es war nicht die erste Audienz, die ich mit unserem Herrn Präsidenten hatte. Aber es ist auch kein Geheimnis, a grüner und a blauer sind nicht immer einer Meinung“, so Kickl. Aber eines wolle er seinen Wählerinnen und Wählern klarstellen: Nie habe er aus einem falschen Respekt heraus Themen nicht angesprochen, versichert der Parteichef. „Ich bin nicht in die Hofburg gekommen als ein Obmann einer 16 Prozent-Partei. Ich bin als Gewinner der Wahl gekommen. Ich bin der Gewinner“ fordert Kickl einen Regierungsbildungsauftrag. Das Festzelt bebt.
„Ich habe ihm gesagt, dass ich überzeugt bin, dass das Land jetzt eine stabile Regierung braucht und ich habe ihm gesagt, dass es nur einen Wahlgewinner gibt“ verrät Kickl vor seinen Fans. Stabilität gäbe es in einem Land nur, wenn zwei Parteien regieren. „Eine Koalition der Verlierer sei ein Schlag ins Gesicht des Souveräns. „Es war ein angenehmes Gespräch und er hat sich sehr viel Zeit genommen“, berichtet Kickl weiter von seinem Treffen in der Hofburg. Van der Bellen wisse auch, eine Regierung mit der FPÖ gäbe es nur mit Kickl als Kanzler. Wieder jubelt die Menge.
FPÖ-Wähler diskutieren vor dem Zelt
Mit Fahnen, Tafeln, Jubel und Geschrei wird daraufhin Landesparteiobmann Mario Kunasek auf die Bühne geholt. „Wir beginnen den Kampf um die Steiermark“, fordert Kunasek seine Wählerinnen und Wähler auf, ihn in die Burg zu schicken. „Wir haben jetzt exakt noch null Stimmen, wir beginnen von vorne. Aber wir schaffen das“, so Kunasek. „Gesundheitssystem, Asylchaos und Pflegesituation werden wir jetzt in die Hand nehmen“, so Kunasek – ebenso in einem hörbar moderaten Sprachstil.
„Die Hysterie um den Klimawandel hat unsere Wirtschaft zu Boden gebracht. Das müssen wir reparieren.“ Unternehmer, Arbeitnehmer, Familien, Mütter, Väter, aber auch die ältere Generation wurden angesprochen. „Es ist nicht auszuhalten, dass Pensionisten zu Bittstellern gemacht werden.“ Mit einem „Glück auf!“, einem Selfie auf der Bühne und der steirischen Landeshymne verabschiedete sich Kunasek in den Wahlkampf.
Willkommen geheißen wurden die Besucherinnen und Besucher mit blau verzierten Lebkuchenherzen. „Heimat im Herzen. Mario Kunasek“, stand darauf. „Wir werden einen Wahlkampf hinlegen, den es in der Steiermark noch nicht gegeben hat“, verabschiedete sich FPÖ-Abgeordneter Stefan Hermann von den Oktoberfestbesuchern.
Die Analyse des Chefredakteurs
Vor dem Festzelt diskutieren viele weiterhin das Wahlergebnis vom vergangenen Sonntag: Ältere Herren, junge Frauen, Jugendliche, Kinder: „Wenn das jetzt nichts wird, dann bin ich angefressen. Dann wähl ich erst recht blau im November“, so eine Besucherin erzürnt. Zwei Herren munkeln dahinter: „Und wenn der Hofer dann im Burgenland auch noch g‘winnt, dann stell ma die Busse an den Grenzen auf, bauen Zäune rundherum und so bring ma diese Leut‘ schon rein und weg damit“, zieht der eine seine Hand vor den Mund. „Du bist ja deppert, das kann man nicht machen. Sowas hats schon mal gegeben“, kontert der andere. Zwei Stunden lang standen Kunasek-Anhänger dann noch Schlange, um ein Foto mit „ihrem Landeshauptmann“ machen zu können.