An einem Sonntagmorgen im Juli verschlimmerte sich die Grippe von Johann Kulmer aus Sinnersdorf. Das Krankenhaus habe er nicht belästigen wollen, aber er habe Hilfe gebraucht, also rief er die Gesundheitsberatung 1450 an. Zwölf Minuten habe Kulmer zuerst einmal in der Warteschleife verbracht, dann habe er „Bürokratie pur“ erlebt, kritisiert er.

Rotes Kreuz beantwortet rund 300 Anrufe am Tag

Das Rote Kreuz, zuständig für die sogenannte „Vortriage“ bei 1450, kann die lange Wartezeit von Kulmer nicht nachvollziehen. Ungefähr dauere es 14 Sekunden bis ein Anruf entgegengenommen werde, die Mehrheit jedenfalls innerhalb von 34 Sekunden – das bei rund 300 Anrufen pro Tag. Zum Vorwurf „Bürokratie pur“ gibt es eine klare Antwort: Allgemeine Informationen wie Name und Aufenthaltsort seien bei jedem Telefonat wichtig, um eine ortsbezogene Auskunft geben zu können.

Nach der „Vortriage“ sei Kulmer von einer diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegeperson (DGKP) zurückgerufen worden. Das sei üblich, wenn der Sanitäter das Anliegen des Anrufers nicht beantworten könne, so das Rote Kreuz. Nach einer standardisierten Abfrage informiere man den Anrufer, welche Versorgung möglich wäre. In Notfällen wird zu 144 weitergeleitet.

Kulmer erzählt von anderen Erfahrungen. Er erinnert sich, über Symptome ausgefragt worden zu sein, habe aber auf seine Fragen nur „Ich bin kein Arzt“ als wenig hilfreiche Antwort erhalten. Beratung oder Behandlungsempfehlung habe es nicht gegeben. Erst nach mehrmaligem Nachfragen habe man ihm empfohlen, eine Ärztin im Bereitschaftsdienst aufzusuchen.

Verschlossene Tür

Also fuhr Kulmer nach Dechantskirchen zur Ordination der Ärztin. Dort stand er allerdings vor verschlossenen Türen. Kulmer habe gewartet – und gewartet – und sei schließlich wieder nach Hause gefahren, weil die Ärztin nicht gekommen sei. „Ja, ich hatte an diesem Tag Ordinationsdienst. Leider kam ich zufällig genau an diesem Tag zu spät“, bestätigt die betroffene Ärztin. Sie mache viele Bereitschaftsdienste, die Patienten auch gut annehmen. „Notfälle werden immer behandelt“, versichert sie.

Laut Gesundheitsversorgungs-GmbH (GVG), die Bereitschaftsdienste per App organisiert, gebe es nur in Ausnahmefällen Probleme mit dem System. „Ein Patient hat beispielsweise die richtige Tür nicht gefunden“, sagt Petra Zinell, Geschäftsführerin der GVG. Registrierte Ärzte würden über die App Termine für Dienste selbst aussuchen. Wenn ein Arzt doch verhindert sein sollte, erhielten andere Ärzte in der Region eine automatische App-Benachrichtigung, um Ersatz zu stellen.

Ob die Anwesenheit von Ärzten in der Bereitschaft kontrolliert wird? „An- und Abmeldung per App sind notwendig sowie die Dokumentation der Patienten. Aber nein, wir schicken niemanden zu jedem Arzt in den 25 Regionen in der ganzen Steiermark, um nachzuschauen, ob sie wirklich da sind. Das macht bei normalen Ordinationszeiten auch keiner“, sagt Zinell. Außerdem gebe es die vertragliche Vereinbarung, die Ärzte an ihre Pflicht bände.

Nach dem erfolglosen Arztbesuch habe Kulmer noch einmal bei 1450 angerufen. „Es tut uns leid, aber das ist die Information, die wir haben“, habe es am Gesundheitstelefon geheißen. „Ich habe keine Hilfe erhalten“, kritisiert Kulmer. „Hätte ich nicht angerufen, hätte ich mir Ärger gespart.“

Das Rote Kreuz und die GVG versichern, dass Kulmers Erfahrung ein Einzelfall sei. „Wir erhalten positive Rückmeldungen und erfahren hohe Akzeptanz durch Anrufer“, sagt das Rote Kreuz. „Wenn Patienten mit Ärzten Probleme haben, rufen sie zu 99 Prozent erneut 1450 an und geben Bescheid“, sagt GVG-Geschäftsführerin Zinell. Sie habe zum konkreten Fall nachgeforscht: „Steiermarkweit haben wir so eine Beschwerde nicht bekommen.“