Politisches Erdbeben nach dem verheerenden Hochwasser in der Oststeiermark: Nach einem Eklat mit der örtlichen Feuerwehr hinsichtlich des Hochwassereinsatzes vom 9. Juni hat Bürgermeister Josef Hauptmann (ÖVP) jetzt seinen Rücktritt als Gemeindechef bekannt gegeben. Schuldzuweisungen, die Feuerwehr habe nicht richtig gehandelt, haben tagelang für Wirbel im Ort gesorgt. Trotz einer versöhnenden Aussprache mit den Feuerwehrverantwortlichen sah der Bürgermeister nun offenbar keinen anderen Weg und zog die Reißleine.
Schule überschwemmt
Die Auseinandersetzung des Ortschefs mit der örtlichen Feuerwehr am Tag des verheerenden Hochwassers hatte hohe Wellen geschlagen. Hauptmann habe sich ungewöhnlich kritisch hinsichtlich der Einsatzführung geäußert, beklagte man. Der Vorwurf: Fehler in der Einsatzführung, die Feuerwehr habe gewisse Häuser in Leitersdorf nicht beziehungsweise zu wenig geschützt. Man hätte zudem Schuld an der Überschwemmung der Schule und sei verantwortlich dafür, dass das Rückhaltebecken der Heiltherme entleert wurde, hieß es.
In einer WhatsApp-Nachricht, die weite Kreise zog, kündigte die Feuerwehr zudem den Rückzug von Josef Pferschy an, der den Unwettereinsatz an jenem Tag geleitet hatte. Hauptmann entschuldigte sich daraufhin öffentlich für „möglicherweise unsensible Aussagen mit dem Potenzial zur Fehlinterpretation im Rahmen einer Ausnahmesituation.“
Pause genommen
Dass die Auseinandersetzung nun der Grund für den Rücktritt ist, wird vorerst offiziell nicht bestätigt. Josef Hauptmann war für eine erste Stellungnahme nicht erreichbar. Aus Gemeindekreisen ist aber zu hören, dass sich der Bürgermeister unmittelbar nach den Vorkommnissen eine zweiwöchige Pause genommen habe. Er habe seither mit der Entscheidung gespielt, aufzuhören. Die Feuerwehr wollte am Mittwoch zur aktuellen Causa keine Stellungnahme abgeben.
Die ÖVP-Ortsgruppe hat sich hingegen zu Wort gemeldet: „Für 20 Jahre in der Hauptverantwortung für die Marktgemeinde, die behutsame Verwaltung, das Umgesetzte und den großen Arbeitseinsatz gilt dem scheidenden Bürgermeister großer Dank. Die gute Finanzlage der Gemeinde in den – für die allermeisten Kommunen finanziell herausfordernden Zeiten – ist zu einem wesentlichen Teil als sein Verdienst zu werten“, äußert sich die Fraktion in den ersten Zeilen einer Aussendung.
Nachfolge gesucht
In einer Fraktionssitzung stellten die ÖVP-Gemeinderäte Dienstagabend bereits die Weichen für die nächste Zeit. „Im Vordergrund steht die Arbeit für die Gemeindebevölkerung, deshalb wurden schnellstmöglich die Beschlüsse für Wahlvorschläge an den Gemeinderat gefasst, um in weiterer Folge ehest die offenen Funktionen besetzten und mit ruhiger Hand die Gemeindegeschicke führen zu können“, so Vizebürgermeister Herbert Ferstl, der bis zur Wahl des neuen Bürgermeisters die Geschäfte führen wird.
Für die Funktion des Bürgermeisters wurde bereits der langjährige Gemeindefunktionär und aktuelle Gemeindekassier Johann Fiedler vorgeschlagen. Er muss in der nächsten Gemeinderatssitzung vom Plenum bestätigt werden.
Hochwasser schlägt (politische) Wellen
Auch in anderen oststeirischen Gemeinden haben die Unwetter der vergangenen Wochen die Entscheidungsträger unter hohen Handlungsdruck gesetzt. In akuten Notsituationen lagen vielerorts die Nerven blank. In Stubenberg am See etwa hat Bürgermeister Alexander Allmer (ÖVP) den Staudamm an der Feistritz geöffnet, um eine Überschwemmung des Sees zu verhindern und die Badesaison zu retten. Leidtragende war die Gemeinde Feistritztal, die flussabwärts von Schlammmassen überzogen wurde. Von dort hagelte es Kritik, die Ermittlungen der Behörde laufen.
Auch das Land Steiermark musste der Hektik des Kampfes gegen die Hochwasserkatastrophe vom 9. Juni Tribut zollen und Tage später zurückrudern, nachdem man am Nachmittag des 9. Juni fälschlicherweise einen Dammbruch in Lafnitz kommuniziert hatte, der nicht existierte.
In Neudau ist Bürgermeister Wolfgang Dolesch (SPÖ) nach wie vor darüber erzürnt, dass Grundstückeigentümer den Bau des Hochwasserschutzes in die Länge gezogen haben, weshalb die gesamte Gemeinde überflutet worden sei.