Freitagmorgen, 7.30 Uhr, im Gebäude des Roten Kreuzes Hartberg. Nach und nach trudeln die ersten Freiwilligen ein. Was sie eint? Festes Schuhwerk, praktische Kleidung, ein Kofferraum voller Schaufeln und der Wille, zu helfen. Elf Personen aus den Bezirken Hartberg-Fürstenfeld, Weiz und Feldbach sind an diesem Tag gekommen.
„Da muss man doch etwas machen“, erklärt eine junge Frau aus Pöllau, bevor sie Versicherungs- sowie Datenschutzformulare unterschreibt. Koordiniert wird der Einsatz an diesem Tag von Bezirksrettungskommandant-Stellvertreter René Neuhauser. Er steht mit den Bürgermeistern der betroffenen Gemeinden sowie der Bezirkshauptmannschaft in Verbindung, um die Helfer je nach Bedarf optimal aufzuteilen.
Jede helfende Hand, jedes tröstende Wort
„Heute zählt vor allem auch der menschliche Faktor, dass die Leute sehen, dass noch jemand da ist, der ihnen hilft“, erklärt er, bevor es losgeht und die Leute mit einem Shuttle nach Neudau, Sinnersdorf und Oberlungitz gebracht werden.
Die Arbeiten der Einsatzkräfte sind hier großteils erledigt, doch Schlamm und Geröll, die sprichwörtliche Spur der Verwüstung, muss noch aufgearbeitet werden. Und hier zählt jede helfende Hand, jedes tröstende Wort.
Im Video: Wie ein Einsatz abläuft
Während die Freiwilligen starten, geht es für Neuhauser zuerst einmal zurück ins Büro. Mails müssen beantwortet werden. „Hier schreibt eine Tirolerin, dass sie ihre Verwandtschaft in Ostösterreich besucht und dabei kommt sie vorbei, um zu helfen. Wahnsinn“, freut er sich. Diese Anteilnahme tue einfach gut.
Das „Tagesgeschäft“ trotz Straßensperren
Denn herausfordernd seien nicht nur die Einsätze im Katastrophengebiet, sondern auch das „Tagesgeschäft“. „Wir müssen bei allen Einsätzen viele Umwege nehmen, weil Straßen gesperrt sind“, so der 36-Jährige, bevor es im Kommandofahrzeug nach Sinnersdorf geht. Auf dem Weg dorthin alarmiert er bereits wieder für den „Team Österreich“-Einsatz am kommenden Tag. Zwei Stunden später haben schon neun Personen zugesagt.
In Sinnersdorf ist Werner Bierbaum aus St. Ruprecht an der Raab bereits mit Eifer bei der Sache. „Ich helfe gerne, ich kenne das ja schon, weil ich bei der Feuerwehr bin. Außerdem habe ich noch so viel Urlaub aufzubrauchen“, sagt er, während seine gelben Gummistiefel im Schlamm versinken, der den Hof bedeckt. Die Wassermassen haben hier aber auch ein Wohnhaus geflutet. Welch tragisches Schicksal sich hinter diesen Worten verbirgt, wird allen wenig später bewusst.
„Meine Schwester hat alles verloren. Die Tiefkühltruhe ist hin, der Kühlschrank auch und das Haus ist unbewohnbar. Wir sind einfach nur verzweifelt“, sagt die Schwester der Bewohnerin mit Tränen in den Augen. Sie hilft mit, weil ihre Schwester stark bewegungseingeschränkt ist.
Die Bewohnerin schafft es nur schwer, das Geschehene in Worte zu fassen. Ihr Hund sei nun zwar in Sicherheit, aber nur eine ihrer drei Katzen ist nach dem heftigen Unwetter wieder heimgekommen, erklärt sie, bevor sie von ihren Gefühlen übermannt wird.
Fotos von dem Einsatz
Zwar könne sie im Nebengebäude einziehen, schafft es hier aber nicht, die Treppen hoch. Neuhauser lauscht konzentriert und notiert sich die wichtigsten Nummern. Kurze Zeit später hat er in die Wege geleitet, dass die Frau einen Kühlschrank bekommt und zentrale Stellen informiert. „Da muss man etwas unternehmen.“ Betroffene Stille im Kommandofahrzeug auf dem Weg zum nächsten Einsatz. Die Geschichte hat sich im Gemüt festgesetzt, wie der Schlamm auf den Gummistiefeln.
Die nächste Station ist die Firma Handler in Oberlungitz. „Das waren einmal die Büros“, sagt Hannes Handler in einer leeren Halle, in der gestemmt wird. Seine Kinder, er und ein Freund der Familie konnten sich noch rechtzeitig vor der zehrenden Kraft der Wassermassen in Sicherheit bringen. Wenig später sind die Firmenfahrzeuge vorbeigeschwommen. „Was mich aber unglaublich beeindruckt hat, war die Hilfe der Nachbarn und Freunde“, erinnert er sich an die Tage danach zurück.
In der großen Lagerhalle des Haustechnik-Anbieters findet sich auch das Ehepaar Walter und Franz Erkinger, die mit vollem Körpereinsatz Regale wieder blitzeblank wischen. „Ich werde auch meiner Familie sagen, dass sie hier mitmachen sollen“, sagt die Pflegeassistentin, die am LKH-Uniklinikum Graz tätig ist, bevor sie weiter wischt.
Wenn auch Sie vom Hochwasser betroffen sind, können Sie mithilfe dieses Antragsformulars um Unterstützung bei „Steirer helfen Steirern“ ansuchen.