„Ich war dreizehn und habe nach und nach Kraft verloren. Für meine Familie war es schon zur Gewohnheit geworden, dass ich nach der Schule immer ein paar Stunden und bald den ganzen Nachmittag im Bett gelegen bin. Am Ende schaffte ich es kaum noch aus dem Bett heraus“, erinnert sich eine junge Frau in einem schneeweißen T-Shirt. Artiola Koxherri trifft in Bad Blumau auf jenen Mann, dem sie wohl ihr Leben zu verdanken hat: Robert Rogner.
Wenig Chancen
Viele bezeichnen sie als das „Mädchen mit den zwei Leben“: Eines vor und eines nach der großen Zäsur im Jahr 2010. Artiola Koxherri erhielt die Diagnose „Lymphatische Leukämie“. Nur noch 19 Tage gaben ihr die Ärzte in ihrer Heimatstadt Tirana (Albanien) zu leben. Eine adäquate Behandlung konnte Artiola dort wegen der extrem teuren Medikamente nicht bekommen, wuchs die Albanerin doch in ärmlichen Verhältnissen auf. Eine aussichtslose Situation aus Sicht der behandelnden Doktoren.
„Doch dann passierte ein Wunder“, erinnert sich Artiola und richtet ihre Augen mit demütigem Blick nach oben. „Meine Mutter war zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort.“ Mama Fazmira Koxherri arbeitete als Zimmermädchen in Tirana im Hotel des Bauunternehmers und oststeirischen Thermen-Gründers Robert Rogner.
Als der damals 70-Jährige von dem Schicksal der Familie erfuhr, rannte er im Kreis mit nur einem einzigen Gedanken. „Ich musste sofort alle Hebel in Bewegung setzen und wollte helfen. Doch es gab keinen Reisepass und auch keine Ausreisegenehmigung, nichts“, erinnert sich der Unternehmer an eine schicksalhafte Fügung.
Nur zufällig waren an jenem Tag auch der österreichische Botschafter und der albanische Innenminister im Hotel Rogners, in dem die Mutter arbeitete. Durch deren Mithilfe konnten innerhalb weniger Stunden Pass und Visum ausgestellt und das Mädchen nach Österreich geflogen werden.
„Ich war noch nie zuvor geflogen. Nur Ausschnitte dieser ersten Reise sind mir in Erinnerung geblieben: so krank und desorientiert zu sein, die endlose Reise und zwei kleine Teddybären, die mich bei der Ankunft begrüßt hatten. Sie waren die erste liebevolle Geste der Familie Rogner an mich. Beide Teddys sind heute noch in meinem Schlafzimmer“, strahlt Koxherri.
Kindheitstraum Ärztin
Im ELKI am Klinikum Klagenfurt konnte Artiola schließlich die lebensrettende Behandlung bekommen. Ihre Mutter wurde von Rogner persönlich umgehend freigestellt und dabei normal weiterbezahlt, damit diese ihre Tochter begleiten kann. Der Bauunternehmer finanzierte sämtliche Behandlungen und den gesamten Aufenthalt. „Das Leben eines Menschen zu retten, ist das wohl größte Geschenk“, so Rogner kopfnickend.
Artiolas Vater wurde später ebenfalls im Rogner Hotel Tirana angestellt und arbeitet dort noch heute, genauso wie Artiolas Mutter. Beide hatten sich für ihr Mädchen gewünscht, eines Tages auch im Team von Robert Rogner zu arbeiten.
Doch Artiola hegte bereits im Krankenhaus einen ganz anderen Kindheitstraum: „Ich wusste, ich möchte Ärztin werden und eines Tages selbst anderen Menschen helfen können“, erzählt Artiola Koxherri. „Von da an war mir wiederum klar, was ich zu tun hatte“, schmunzelt Robert Rogner: Mit einer sofort getätigten finanziellen Grundlage wurde das Medizinstudium durch den gebürtigen Villacher sowie durch einige Sponsoren sichergestellt. Im Vorjahr schließlich konnte Artiola Koxherri ihr Studium beenden. Mittlerweile arbeitet sie als Allgemeinmedizinerin in Sizilien.
„Man sieht, wo ein Wille, da ein Weg. Ich bin unendlich stolz auf Artiola. Sie ist und bleibt mein Enkelkind“ strahlt Robert Rogner und überreicht ihr zum Studienabschluss ein nagelneues Stethoskop. Die Freude darüber ist sichtlich groß: „Aber anwenden brauche ich das bei Ihnen nicht“, lacht Artiola. „Sie haben ihr Herz ja ohnehin am rechten Fleck“, fallen sich die beiden lachend in die Arme.