„Es ist schon ein Abschied nehmen, aber nicht mit Wehmut“, sagt Hildegard Altmann, Priorin des Klosters St. Gabriel, der Gemeinschaft der Benediktinerinnen von der heiligen Lioba. Gemeinsam mit drei anderen Ordensschwestern hat sie sich dazu entschlossen, das Kloster in St. Johann bei Herberstein hinter sich zu lassen und neue Wege zu gehen.
Grund dafür ist, dass die Gemeinschaft innerhalb der letzten Jahre immer kleiner und älter geworden ist. „Im letzten Zeitraum haben wir uns halbiert“, erzählt Altmann. Schon 2008 ist die Gemeinschaft aus der Burg Bertholdstein mit nur noch zehn der ehemals achtzig Schwestern in das kleinere Kloster in St. Johann gezogen. „Es ist auch hier kein Nachwuchs gekommen, aber das ist nicht verwunderlich, das haben viele Ordensgemeinschaften“, meint Altmann. Dies läge daran, dass es immer weniger Christen, aber auch generell immer weniger Kinder gebe.
„Zu dritt kann man es nicht verantworten, so ein großes Haus zu bewohnen. Es ist nicht sinnvoll, wenn man keinen Plan damit hat.“ Die Schwestern hätten sich selbst dazu entschieden, das gemeinsame Leben an diesem Standort zu beenden. „Wir müssen nicht, sondern wir haben eine Entscheidung getroffen“, stellt Altmann klar.
Anfangs habe es organisatorische Fragen gegeben, aber keine Zweifel. Altmann sieht das Verlassen des Klosters nicht als bedauernswert. „Wir sind uns einig, dass das ein richtiger Schritt ist“, meint Altmann, „Grundsätzlich fühle ich mich gut, weil ich so sicher bin, dass wir das Richtige tun.“ Die letzten Tage im Kloster seien für Altmann sehr kostbar. „Mir wird bewusst, wie schön das hier alles eigentlich war“, sagt sie.
Zurück in die alte Heimat
Jetzt machen die Schwestern Platz für Neues, die Räume übernimmt das benachbarte Haus der Frauen, Bildungshaus der Katholischen Kirche Steiermark. Laut Altmann sei es wichtig, dass andere damit etwas Schönes und Sinnvolles tun können. „Wir haben schon länger überlegt: Was wird sein, wenn nur noch die Jüngeren übrig blieben. Diese Frage war schon sehr präsent“, erinnert sich Altmann.
Die Entscheidung auszuziehen, hatten die Schwestern erstmals im Oktober 2022 getroffen, woraufhin eine der Schwestern, welche nun schon verstorben ist, bereits im Mai umzog. Die zweite Schwester zog im August weg, die letzte Ende Oktober. Auch Altmann ist gerade dabei, ihre persönlichen Sachen nach Wien zu bringen, wo sie in ein Wohnprojekt der Missionsschwestern vom göttlichen Erlöser ziehen wird.
Die Gebetszeiten, an die sie sich dort anschließen könne, seien ein wichtiger Anker für sie. Ein schöner Zufall für sie sei auch, dass sie dort wieder neben einer Pfarrkirche wohnen wird. „Ich kehre sozusagen nach Hause zurück“, meint Altmann, die ursprünglich aus Wien kommt. Getauft war sie nicht von klein auf, erst mit 26 Jahren entschied sie sich dazu. Mit 32 Jahren schloss sie sich 1986 der Ordensgemeinschaft an. „Ich habe den Ruf deutlich gespürt, dass Gott mich in diese Richtung schickt.“
Wehmut
Altmann und ihre Ordensschwestern bleiben auch weiterhin als Priorat und Gemeinschaft bestehen, über Telefon hält sie Kontakt mit ihren Schwestern. „Ich werde natürlich das Zusammenleben mit meiner Gemeinschaft vermissen“, meint Altmann, „und auch das gemeinsame Beten mit meinen Schwestern.“ Im Moment schaffe Altmann es nicht so einfach, alleine in die Kapelle zu gehen und zu beten. „Ich erlaube mir, ein bisschen variabel mit der Zeit zu sein“, lacht sie. Aber: „Ich kann nicht sagen, dass ich wehmütig bin, ich freue mich auf Neues“, meint Altmann, „Ich habe keinen Grund zur Sorge, es kann eigentlich nur was Gutes werden.“
Anna Pilch