"Zum Arbeiten war ich immer gut genug", ärgert sich die Murtalerin. Sie ist eine Kämpferin, doch momentan scheint ein Sieg in weite Ferne gerückt – nach Bosnien, um genau zu sein. Dorthin müsste sich die Physiotherapeutin für ein Praktikum verabschieden, um wieder in Österreich arbeiten zu dürfen.

Die Frau stammt aus Bosnien, hat dort ihre Ausbildung an einer vierjährigen Krankenpfleger-Mittelschule absolviert, mit der Spezialisierung auf Physiotherapie. Nach der Matura musste sie aufgrund des Krieges flüchten, "meine Unterlagen fehlten, weil die Schule bombardiert wurde", erzählt sie. 

Nun sieht sie sich nach all den Jahren in Österreich mit einem Problem konfrontiert: Nach der Neuübernahme ihres Arbeitgebers hieß es, sie könne - nach 25 Arbeitsjahren - nicht weiter beschäftigt werden - es sei denn, sie würde ein sechsmonatiges Praktikum in Bosnien nachholen.

Schwieriger Start

Der Start in Österreich war schwierig: "Deutsch habe ich mir selbst beigebracht, finanzielle Unterstützung hatte ich keine", berichtet die Frau. Schließlich bekam sie aufgrund ihres Jahresabschlusszeugnisses eine Beschäftigung bei einem Ambulatorium in Niederösterreich, ihr Vater brachte ihr – als Kriegsverwundeter – das Maturazeugnis nach. Ein Antrag auf Arbeitsbewilligung ließ auf sich warten. "Ich hatte nie einen Vertrag unterschrieben", erzählt sie.

Während der Probezeit hieß es, beim AMS werde um Anmeldung angesucht. Die Anmeldung kam jedoch erst, als AMS-Kontrolleure kamen, sie entdeckten und sie mit Kündigung drohte. "Es hat seitens des AMS niemand erwähnt, dass etwas nachzumachen sei. Es hieß, es ist alles übersetzt und beglaubigt", sagt die Dame. Später arbeitet sie beim Physikalischen Ambulatorium in Judenburg, wo es bis zum vergangenen Jahr keinerlei Probleme gab – eine Neuübernahme durch SeneCura und ein Wechsel der Führung erforderten einen Besuch bei der Arbeiterkammer.

Dort hieß es, sie hätte sich strafbar gemacht, da ihre Nostrifizierung (Anerkennung eines ausländischen Studien- oder Berufsabschlusses, Anm.) fehle. Sie musste ihre Unterlagen an die dafür zuständige Fachhochschule Joanneum in Graz schicken – dort wurde eine Nostrifizierung abgelehnt, sie könne sich jedoch um einen Studienplatz bewerben. 

Nostrifizierung abgelehnt – aber als Studentin könne sie sich bewerben, hieß es seitens der FH
Nostrifizierung abgelehnt – aber als Studentin könne sie sich bewerben, hieß es seitens der FH © Maria Steinwender

Nostrifizierung unmöglich

Vom Land Steiermark, seitens der Stelle für Nostrifizierung und Anerkennung zur Berufsberechtigung, kam die Antwort, dass eine Nostrifizierung nicht möglich sei, da ihr ein halbes Jahr Praktikum in Bosnien sowie eine Diplomarbeit fehlten. "Wie hätte ich beides machen sollen zum damaligen Zeitpunkt, es herrschte Krieg?", fragt die Frau. Selbst wenn sie wollte, könnte sie in Bosnien kein Praktikum mehr machen – sie ist österreichische Staatsbürgerin, Bosnien gilt als Drittstaat. 

Auf Anfrage verweist das Land an die Fachhochschule, dort liege die Zuständigkeit. Die Arbeiterkammer bestätigt, dass es seit einigen Jahren kein Nostrifikationsabkommen mit Bosnien gibt – zudem unterscheide man, ob es sich bei der Ausbildungsstätte um eine Fachschule oder um eine Fachhochschule gehandelt habe. Martin Pöllinger, Abteilungsleiter für studienrechtliche Angelegenheiten an der FH Joanneum, erklärt: "Eine Nostrifizierung ist ein Verwaltungsverfahren mit Bescheid. Dazu muss ein Studium aus dem Ausland gleichwertig sein mit hiesigen Studiengängen. Die Übereinstimmung ist in der Praxis oft nicht gegeben."

"Hätte niemals arbeiten dürfen"

Wie geht es für die Dame weiter? Von ihrem Arbeitgeber wurde sie gekündigt. "Ich hätte hier niemals so arbeiten dürfen, hieß es. Ich bin sicher nicht die Einzige, der das passiert ist, und deren Dienstjahre und Dienstzeugnisse nichts wert sind", meint sie. Sie sieht sich als Opfer des Systems – "seitens der Arbeitgeber gab es nie Einwände, meine Arbeitskraft wurde benötigt". Von SeneCura heißt es, man habe "jede Anstrengung unternommen, Alternativen zu finden und die Mitarbeiterin zu unterstützen, jedoch war eine Weiterbeschäftigung rechtlich nicht möglich".