Es sind grausige Bilder, die Georg Petzl vorlegt. Seitenweise Fotos von Kälbern mit blutigen und entzündeten Ohren, teilweise tropft Eiter aus den Wunden. "Das ist leider Alltag mit den neuen AMA-Ohrmarken. Sie sind wegen eines elektronischen Chips deutlich schwerer als die alten", erklärt der Bio-Bauer und Viehhändler aus dem Bezirk Murau. "Beim Säugen der Kälber und der damit verbundenen Wärme und Reibung kommt es zu den Entzündungen." Durch das höhere Gewicht der Marken heilen die Wunden schlechter ab, "die Kälber verfangen sich damit auch in Sträuchern und Bäumen", erzählt Petzl. Oft seien die Verletzungen so tief, dass keine neue Marke mehr eingezogen werden könne. "Da frage ich mich: Wo ist da das Tierwohl?"
Bereits im Herbst 2021 wandte sich die Familie Petzl erstmals an die AMA, stellte später einen Antrag auf die Zuteilung von "alten" Ohrmarken ohne elektronischen Teil. Zudem wurden Amtstierarzt und Landwirtschaftskammer eingeschaltet. "Wir haben einen Mutterkuhbestand mit rund 35 Geburten pro Jahr, nach 20 Jahren Betriebsführung ziehe ich nicht das erste Mal Ohrmarken ein. Die Schmerzen der Kälber wären für mich Grund genug, andere Ohrmarken zu verwenden." Zudem es im Betrieb keine elektronischen Stallsysteme, also auch keine Vorteile durch die neuen Marken gibt. "Ich habe die AMA gebeten, mit Einsicht zu agieren und zu zeigen, dass man Tierschutz auch lebt."
Eine zwölfseitige Stellungnahme der AMA (Agrar-Markt Austria) aus dem Vorjahr verweist unter anderem darauf, dass nur aus zwei Betrieben Probleme mit Entzündungen gemeldet wurden. Es sei davon auszugehen, "dass kein generelles Problem vorliegt". Der Antrag wurde abgelehnt, laut AMA seien bis heute nicht mehr Fälle bekannt.
Von ähnlichen Problemen mit Entzündungen berichtet auch Landwirt Siegfried Salchenegger. "Um die Marken entfernen zu dürfen, muss man einen Antrag stellen und ein Gutachten des Amtstierarztes vorlegen. Leider war es bei mir kurz vor Weihnachten, das hätte drei Wochen gedauert", so der Bergbauer. "Das sind Lebewesen mit Schmerzen. Ich habe die Marken trotzdem rausgenommen, auch wenn es nicht legal war."