Es ist Montag, sechs Uhr morgens. Während die meisten von uns noch schlafen, macht sich Melanie auf den Weg in die Schule. Sie wohnt in Steirisch-Laßnitz, einem kleinen Ort im Bezirk Murau. Die Müdigkeit spielt keine Rolle. Wenn sie jetzt nicht aufsteht, kommt sie nie in die Schule. Bequem vor der Haustüre in den Bus zu steigen, kommt für sie nicht infrage. Sie muss mit dem Auto fahren – damit sie in den Zug steigen kann, der sie zum Bus bringt.
Klingt kompliziert? Das ist der öffentliche Verkehr am Land leider auch häufig. "Mit dem Auto wäre die Strecke definitiv schneller zu bewältigen", meint Melanie. Freilich ist auch ihr der Umweltschutz wichtig. "Aber wenn der öffentliche Verkehr eher ein Hindernis als eine Hilfe ist, nimmt man das Angebot nicht gerne wahr."
Lange Wartezeiten
Viele Schülerinnen und Schüler in Österreich, vor allem diejenigen, die im ländlichen Bereich wohnen, sind häufig mit dieser Situation konfrontiert. Bus verpasst? Pech gehabt! Das fordert schnelles Organisieren und Improvisieren. Oft müssen unsere Schulkollegen zwei oder gar drei Stunden warten, bis ihr Bus oder Zug sie heim bringt.
Als Melanie noch keinen Führerschein besaß, mussten ihre Eltern sie zum Bahnhof bringen. Jeden Tag. Verpasst sie den Zug, hat sie keine Chance mehr, pünktlich zum Unterricht zu kommen. Noch schlimmer ist der Heimweg von der Schule: Jeder Tag ist mit langen Wartezeiten verknüpft. Egal, wie viele Stunden der Schultag hat.
Aber wie ist das eigentlich, keine gute Verbindung zur Schule zu haben? Wir wagen das Selbstexperiment und lassen uns auf eine lange Fahrt ein. Oder besser gesagt zwei Fahrten: Wir testen die Strecke von Steirisch-Laßnitz, einmal mit den Öffis, einmal mit dem Auto.
Der Versuch scheitert aber schon, bevor er anfängt. Ohne Auto geht gar nichts. Um die Öffis zu erreichen, brauchen wir das Auto. 15 Minuten fahren wir damit zum nächsten Bahnhof. Im Winter ist es in der Früh meist noch finster und eisig kalt. Wir warten am Bahnhof, endlich kommt der Zug.
Um 6.30 Uhr fahren wir weiter nach Unzmarkt. Dort heißt es: Raus aus dem Zug, aussteigen, bitte warten! Der nächste Zug kommt leider erst um 7.15 Uhr. Wir warten, dann geht es weiter Richtung Judenburg. Beim Bahnhof steigen wir aus, von dort fährt ein Schülerbus bis zur HAK Judenburg. Zwei Stunden sind vergangen, bis wir es endlich in die Schule schaffen.
Schneller, aber teurer
Und mit dem Auto? Natürlich geht es um einiges schneller. Während unserer Testfahrt gibt es wenig Verkehr. Die meiste Zeit fährt man über Landstraßen. In den kleineren Dörfern gibt es teilweise gröbere Fahrbahnschäden. Generell erfordert die Strecke aber große Konzentration. Nach einem langen Schulalltag ist das wohl alles andere als angenehm.
Insgesamt haben wir für die Strecke – von der Schule bis zu Melanie nach Hause – 50 Minuten gebraucht. Im Vergleich zu den Öffis ist das natürlich wesentlich schneller. Ein weiterer Vorteil: Man ist flexibler und kann sich die Zeit einteilen. Spontan nach der Schule shoppen gehen, länger in der Schule bleiben oder ein Arztbesuch? Das lässt sich mit Öffis kaum bewältigen, wenn man so abgelegen wie Melanie wohnt. Der große Nachteil: Man muss tief in die Tasche greifen. Nur eine Fahrt zur Schule von Steirisch-Laßnitz kostet bei den derzeitigen Benzin- und Dieselkosten rund sechs Euro pro Fahrt. Ein Schülerticket kostet demgegenüber 20 Euro pro Schuljahr.
Noch schmerzhafter ist die Klimabilanz: Durch das Nützen der Öffis hätten wir sechs Kilo CO₂ pro Fahrt (!) sparen können. Unsere Bilanz fällt zwiegespalten aus. Wohnt man am Land, muss man sich entscheiden – Klimaschutz oder Flexibilität und Zeitersparnis?