„Mir ist das in ganz Mitteleuropa noch nie begegnet“, sagt Markus Egg, ehemaliger Leiter des Römisch Germanischen Zentralmuseums in Mainz. Der renommierte Archäologe ist angetan von den aktuellen Ergebnissen einer geophysikalischen Prospektion, die im Raum Pöls-Oberkurzheim durchgeführt und am Dienstag, 12. November, präsentiert wurde.
Eines ist schon lange bekannt: Das Aichfeld war schon früh besiedelt, und der Fund des Kultwagens von Strettweg im Jahr 1851 lenkte die Aufmerksamkeit auf dieses Gebiet. Auch Egg hat sich intensiv damit befasst und war federführend bei der Restaurierung des Kultwagens dabei. In der jüngeren Vergangenheit erforschte ein Team rund um Georg Tiefengraber die Gegend. Lange Zeit widmete man sich diesem Gebiet, die Nachbarregionen wurden weniger beachtet.
Nord-Süd-Verbindung
Das heißt aber nicht, dass es dort nicht auch archäologisch Interessierte gab und gibt. Darunter die Mitglieder des Vereins „Archäologie Pölstal“ unter der Leitung von Gerfried Kaser. Gemeinsam mit der „Arbeitsgemeinschaft für Geschichte und Archäologie“ (AGGA) begann man vor einigen Jahren, das Gebiet auf unterschiedlichen Ebenen genauer zu untersuchen. Bei den aktuellen Forschungen geht es um diese „Nord-Süd-Verbindung“ durchs Pölstal, wie Projektleiter und AGGA-Präsident Peter Koch erklärt.
Dolch und Titulus
Im Pölstal kam es immer wieder zu Funden, mit der Ansiedlungen von 5000 vor Christus bis 1500 nach Christus belegt werden können, darunter ein Dolch aus der Kupferzeit (4000 vor Christus) oder ein Titulus aus der Römerzeit (100 nach Christus). Die historischen Funde sprach auch der Pölser Bürgermeister Gernot Esser an: „Es ist ein offenbar historisch prickelnder Boden.“
Die Funde waren laut Koch besonders, in Summe habe sich aber kein Gesamtbild ergeben: „Wir hatten keine Idee, was da wirklich war.“ Heuer holte man noch die „Geosphere Austria“ ins Boot, die geophysikalische Prospektionen durchführt. Ergebnisse daraus hätten gezeigt, dass sich in der Gegend „etwas ganz Besonderes“ befindet.
Video: Präsentation am Red Bull Ring in Spielberg
Untersucht wurde ein Gebiet vor Oberzeiring. Dort befinden sich – wie in Strettweg – zahlreiche Hügelgräber. 47 große Grabhügel wurden bisher laut Klaus Löcker von der Geosphere Austria gefunden. Vermutlich sind es noch viele mehr. Das bedeutet: „Es muss eine reiche Gegend gewesen sein. Es müssen viele Menschen hier gelebt haben“, so Koch.
Anordnung in Ketten
Das Außergewöhnliche an den Hügelgräbern ist die Anordnung. Denn die Grabbauten wurden linear errichtet und nicht in „Grüppchen“, wie es in unseren Breiten eigentlich üblich ist. Egg: „Diese Anordnung in Ketten ist mir noch nie begegnet.“ Man würde das höchstens aus Südskandinavien oder aus Stonehenge kennen. Ob es dafür irgendeine Erklärung gibt? „Nein“, sagt Markus Egg. Auch wann genau diese Grabstätten errichtet wurden, lässt sich noch nicht sagen. Drei Epochen kommen laut dem Archäologen infrage.
„Lohnende Investition“
Nun sollen die Gräber näher untersucht werden, unter anderem um eben herauszufinden, wann genau sie entstanden sind. Infrage kommen laut Egg, der von einem „einzigartigen Grabhügelphänomen“ spricht, die Hallstattzeit und die Römerzeit. Doch dazu braucht es Geld, viel Geld, wie Peter Koch Richtung Land Steiermark ausrichtete. Das Projekt soll auf mindestens zehn Jahre angelegt werden. Investitionen, die sich lohnen würden, denn: „Es ist ein wesentlicher Teil der steirischen Geschichte“, meint Koch.