„Mir ist die Formel 1 sowas von wurscht, ich weiß nicht mehr, wer da eigentlich mitfährt“, lacht Marcel aus Wien. Gemeinsam mit zwei Freunden liegt er Samstagmorgen auf einer Luftmatratze im Schatten. Aus den mitgebrachten Boxen dröhnt Musik, das Bier fließt in Strömen: „Flüssiges Frühstück, sehr nahrhaft!“. Die Dreierpartie campt seit Donnerstag in Spielberg, Tickets fürs Rennen hat keiner von ihnen. „Da geht‘s um die Party, ein besseres Festival findest du in Österreich nicht“, erklärt auch Camping-Nachbarin Anna aus Klagenfurt. Ein Rundgang auf den Campingplätzen zeigt: Tickets sind überraschend oft keine Voraussetzungen für einen Besuch in Spielberg.
Über die Jahre sind die Campingflächen stetig gewachsen, längst ist überregional bekannt, dass hier 24 Stunden am Tag die Post abgeht. Es gibt Bars, Bühnen, DJs, Live-Bands und Kulinarik zwischen Schnitzelsemmel und veganem Curry. Für viele Camper gilt: Je auffälliger, desto besser. Um aus der Masse herauszustechen, investieren manche nicht nur viel Arbeit, sondern auch Geld.
Allen voran das 20-köpfige Team von „Alexander‘s Tischlerwerkstatt“ aus Dornbirn. Jahr für Jahr überraschen die Burschen mit aufwändigen Installationen (etwa dem nachgebauten Jet aus Top-Gun), heuer lautet das Motto: Western. Ein echter Saloon aus Holz ziert die Stellfläche, nicht fehlen darf auch ein – natürlich funktionsfähiger – Rodeo-Bulle. Zwei Wochen haben die Vorarlberger ihren Spielberg-Besuch vorbereitet. Warum? „Einfach so.“
Ein paar Zelte weiter steht ein großer Pool mit optisch fragwürdiger Wasserqualität. „Zum Trinken haben wir das eh net“, lachen Andi, Stefan, Rudi, Adi, Manuel und Thomas aus Braunau. Formel 1-Fans sind die Freunde alle, allerdings drücken sie teils Red Bull, teils Ferrari oder Mercedes die Daumen. Wer gewinnt am Sonntag? „Hauptsache nicht Verstappen“, lacht einer der Freunde. Wenn das die Holländer hören!
Die sind auf den Campingflächen in der Überzahl. Manche kommen in winzigen Zelten, andere mit ganzen Sattelschleppern. Zu letzterer Kategorie gehören die „Vrienden Eerbeek“, eine Freundesgruppe aus der gleichnamigen Ortschaft in Holland. 200 Bewohner sind mit zwei Lkw und mehreren Mannschaftszelten in die Steiermark gereist. Die reinen Kosten für die Ausrüstung schätzt „Chef“ Peter auf 35.000 Euro. „Wir haben alles mit, das Bier, Essen, eine Küche, ein Lager... Spielberg ist sehr günstig für uns, in den Niederlanden kostet das Ticket für einen Tag mehr als hier das Wochenende.“ Es ist der achte Besuch im Murtal: „Montag müssen wir noch sauber machen, dann geht‘s wieder heim.“ Schon jetzt wirkt der Platz sehr ordentlich, Säcke voll leerer Bierdosen stehen sauber in einer Reihe.
Mehr Chaos herrscht rund um das Zelt von Anton und seinen Freunden, die aus Bayern angereist sind. Das aufblasbare Planschbecken von mehreren Metern Durchmesser ist leer: „Wir haben an alles gedacht, aber nicht, wo wir das Wasser herbekommen“, rätseln die Verstappen-Fans nun, „ob wir ein kleines Feuer machen sollen, damit die Feuerwehr kommt und den Pool füllt“. Nicht der beste Plan – aber am Campingplatz-Zirkus ist nichts unmöglich.