„Willkommen am Red Bull Ring“ steht in großen Lettern auf dem schmalen, länglichen LED-Laufschriftband, das rund um den Polizeibus angebracht ist. Es klingt wie ein netter Gruß an die Fans - doch dahinter steckt mehr. „Diese Lautsprecherfahrzeuge dienen der taktischen Kommunikation. Es ist eine Projektphase des Innenministeriums“, erklärt Heimo Kohlbacher, Pressesprecher der steirischen Polizei. Zwei dieser Fahrzeuge sind rund um die Uhr am Ring unterwegs. „Wichtige Infos können so schnell an große Menschenmassen weitergegeben werden – etwa bei einer Massenpanik, bei der alle auf einen Ausgang zurennen, oder bei einer Schlägerei, in die 50 Menschen verwickelt sind.“ Szenarien, die hoffentlich nie eintreffen, auf die die Polizei aber vorbereitet ist.
Es sind Dutzende Puzzleteile, die den Gesamteinsatz der Polizei ausmachen. Mehrere Hundert Beamtinnen und Beamte sind am Wochenende in Spielberg, eine genau Zahl wird aus taktischen Gründen nicht genannt. Die Bandbreite reicht von Streifenpolizisten bis zur Verkehrspolizei, von der Sondereinheit Cobra über Sprengstoff- und Pyrotechnikexperten bis zu Flugpolizei, Verfassungs- und Staatsschutz. „Wir planen seit Februar“, sagt Andreas Tafeit, der den Einsatz leitet. Freilich, das Konzept ist erprobt: „Aber es wird immer adaptiert.“ Verkehr, Aktionismus (Stichwort „Klimakleber“) und Terrorismus bzw. Drohnenabwehr sind die drei großen Herausforderungen – doch dazu später mehr.
Live-Bilder rund um die Uhr
Im Einsatzstab, der in der Bundesheerkaserne Zeltweg eingerichtet wurde, laufen alle Fäden zusammen. Am nahen Tremmelberg sind Kameras installiert worden, von dort sind viele Autobahnabfahrten, aber auch die Campingflächen und Zufahrten sichtbar. Dazu kommen Aufnahmen von Verkehrskameras, Hubschraubern und fünf Drohnen. In Summe sind es 20 Live-Bilder, die das komplette Gelände abdecken. Erstmals ist auch das Innenministerium mit fünf Drohnen im Einsatz.
„Wir haben zwei Typen von Drohnen. Mobile, die den Standort verlassen können und überall hinfliegen, und kabelgebundene, die nur hinauf fliegen, dafür 24 Stunden durchgehend in der Luft sein können“, erklärt Abteilungsinspektor Maximilian Motz vom BMI. Bis zu 120 Meter hoch fliegen die Drohnen, sie überwachen in erster Linie die Campingplätze. Damit übrigens keine privaten Drohnen abheben, ist auch eine Spezialeinheit der Polizei zur Drohnenabwehr in Spielberg positioniert.
Nur wenige Meter weiter haben sich drei schwer bewaffnete Beamte positioniert. Sie gehören einer Einheit an, die bei ernsten Zwischenfällen als erstes reagieren soll. Der Terrorabwehr dient auch ein Lastwagen, der bei den Zufahrten zu den Campingplätzen riesige Bags voll Schotter ablädt. Sie können per Kran direkt auf die Fahrbahn gehievt werden, um diese im Notfall für Fahrzeuge zu sperren. „Wir haben für alle möglichen Szenarien Einsatzpläne“, erklärt Tafeit. All das dient der Sicherheit der Formel 1-Fans hinter den Kulissen.
17.000 Pkw, 40.000 Camper
Der einzige Bereich, von dem alle Besucherinnen und Besucher betroffen sind, ist der Verkehr. 40.000 Camper sind bereits in Spielberg, am Samstag werden 14.000 Pkw, am Sonntag sogar 17.000 erwartet. Das Ziel: „Kreuzungsfreier Verkehr, damit die Zuschauer möglichst staufrei zu den Parkflächen kommen“, erklärt Tafeit. Was das logistisch bedeutet, verdeutlicht Kurt Lassnig, Leiter der Landesverkehrsabteilung: „Wenn 17.000 Pkw in einer Kolonne fahren, ergibt das 170 Kilometer Blechlawine, also fast von Spielberg bis Wien.“ Bei einem Parkplatz können pro Stunde maximal 600 bis 800 Autos abfahren, der größte Parkplatz umfasst 9000 Pkw. „Die Planung ist die größte Herausforderung“, so Lassnig. Die Polizei ist auch mit Motorrädern unterwegs. Im Bereich der Stehplätze treffen wir Hans Weikl: „Wir können jeden Stau umfahren, kommen auch bei Schotterwegen durch.“ Ein großer Vorteil rund um Spielberg.
Im Einsatzstab wird indes auf die Minute entschieden, welche Autobahnabfahrt bei Rückstaus gesperrt oder geöffnet wird. Nicht jeder Besucher aus der gleichen Richtung wird also zum gleichen Parkplatz geleitet. „So können wir flexibel agieren und den Verkehr verteilen“, erklärt Lassnig. Insgesamt werden am Sonntag 105.000 Besucher in Spielberg erwartet, dazu 5000 Mitarbeiter.
Dass die „Letzte Generation“ einen Klima-Protest plant, „davon gehe ich aus“, so Lassnig. „Wir tun alles, aber Wunder gibt es keine. Es ist ein ländliches Verkehrsnetz, die Fans müssen Geduld mitbringen“. Neben einer frühen Anreise raten die Experten daher vor allem eines: „Gute Stimmung bei der Anreise, sich vorab informieren, entspannt und geduldig bleiben: Es ist nun mal eine der größten Veranstaltungen des Landes.“