Wie diesen Dienstag berichtet, besuchte der neue SPÖ-Vorsitzende Andreas Babler am Montag die RHI Magnesita in der Breitenau. Dieser Konzern hat vor vier Monaten die Arbeitszeit im Werk Hochfilzen in Tirol von 38 auf 34,2 Wochenstunden reduziert - bei vollem Lohnausgleich - und die Vier-Tage-Woche eingeführt. RHI Magnesita-Vorständin Simone Omerovic sieht darin bessere Motivation der Beschäftigten und dadurch weniger Krankenstände, höhere Produktivität und weniger Abgänge, die wieder besetzt werden müssen: "Jeder Beschäftigte, der uns verlässt und durch einen anderen erstzt werden muss, kostet das Unternehmen sechs Monatslöhne."
Dies gefiel Babler sehr, weil es die Umsetzung einer seiner politischen Forderungen ist. Aber eine ganze Reihe von Anrufern in unserer Redaktion sieht das anders. Besonders die Gastronomie und das Gewerbe stöhnt jetzt schon unter den hohen Personalkosten: "Wie sollen wir so etwas stemmen?", fragen Unternehmer. Außerdem sollen schon manche von der Vier-Tage Woche wieder zur Fünf-Tage-Woche zurückgekehrt sein, weil die Mitarbeiter über die harten Zehn-Stunden-Tage klagten.
Die generelle Position der Wirtschaftskammer ist klar, wie Martina Romen-Kierner, die Regionalstellenleiterin der WK Bruck-Mürzzuschlag, sagt: "Jene Betriebe, für die das passt, sollen das machen. Aber wir sind gegen eine gesetzliche Regelung bei der Arbeitszeitverkürzung, und schon gar nicht bei vollem Lohnausgleich. In so gut wie allen Fällen müsste mehr Personal aufgenommen werden, das aber derzeit nicht vorhanden ist."
WK-Regionalstellenobmann Erwin Fuchs führt in Kapfenberg einen Installationsbetrieb mit fast 50 Beschäftigten. "Die Klein- und Mittelbetriebe stöhnen jetzt schon unter den hohen Lohnnebenkosten. Wir müssten zwangsläufig unsere Stundensätze erhöhen, was würden die Kunden dazu sagen? Und was tun wir in Notfällen, etwa bei einem Wasserrohrbruch, wenn alle nur bis Donnerstag arbeiten wollen?" Fuchs führt noch ein anderes Argument an: "Ich gönne es Betrieben, in denen die Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich und die Vier-Tage-Woche möglich sind. Aber es besteht die Gefahr, dass noch mehr Facharbeiter von kleineren Betrieben in die Industrie abwandern, was machen dann wir?"
Die Rekrutierung von neuen Beschäftigten ist auch ein erklärtes Ziel bei der RHI Magnesita, denn auch die Industrie leidet unter Personalmangel. In Hochfilzen ist die Vier-Tage-Woche in aller Munde, und die Beschäftigten der RHI Magnesita erzählen dort ihre positiven Erfahrungen anderen, mit dem Effekt, dass man bereits jetzt zusätzlich Personal bekommen hat. "Unsere dortigen Mitarbeiter werben andere Mitarbeiter, wir merken, dass wir leichter Leute finden", sagt Markus Kofler, der Breitenauer Werksleiter der RHI Magnesita.
Gute Erfahrungen bei Maschinenbau Koller
Schauplatzwechsel: Bei Maschinenbau Koller in Aflenz mit 85 Beschäftigten ist die Vier-Tage-Woche seit gut zwei Jahren Realität: Nach einer Einführungsphase wurde sie dort am 1. Jänner 2022 zum Regelbetrieb, wobei auch dort die Dienstpläne eine Herausforderung sind, noch dazu, wo die Beschäftigten die Wahl zwischen der Vier- und der Fünf-Tage-Woche haben. Zeitlicher Ankerpunkt ist der Schichtwechsel um 14 Uhr, der unverrückbar bleibt. Die Vier-Tage-Frühschichtler fangen da schon um 4 Uhr statt um 5.45 Uhr an, die Spätschichtler hören um 24 Uhr statt um 22.15 Uhr auf. Beim Wechsel von der Früh- auf die Spätschicht hat man von Donnerstagmittag bis Montagmittag frei.
Ob und wann die Breitenau das System umstellt, ist noch völlig offen, und offen ist auch, ob andere Industriebetriebe dem Beispiel folgen werden. Aber ein Anfang ist gemacht und die Diskussion ist eröffnet.