Seit am 15. Juli die Pläne für das Kindberger Asylquartier an die Öffentlichkeit gelangten, beherrscht die Nachnutzung des früheren Landespflegeheims die städtische Innenpolitik. Mitte August gingen Politik und Bevölkerung gemeinsam auf Tour, um möglichst viele Unterschriften gegen die geplante Massenunterkunft zu sammeln. Am Ende kamen 2171 Unterschriften zusammen. Wie viel diese Unterschriften letztlich wert sind, vor allem in Anbetracht der letzten Aussagen von Landeshauptmann Christoher Drexler, wonach derartige Einrichtungen notwendig seien, steht seit Donnerstagmittag fest.

Da lud Bürgermeister Christian Sander (SPÖ) gemeinsam mit den Vizebürgermeistern Christine Seitinger (SPÖ) und Josef Grätzhofer (ÖVP) sowie FPÖ-Gemeinderätin Eva Hechtner zu einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz. "Die Situation beschäftigt uns und die Region seit Längerem, am Mittwoch haben wir mit der BBU (Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen, Anm.) telefoniert." Dabei wurde der Gemeinde mitgeteilt, dass mittlerweile ein Mietvertrag – mit unbekannter Laufzeit von mindestens fünf Jahren – zwischen dem Eigentümer des 1900 eröffneten Landespflegeheims und der BBU besteht.

Mindestens 250 Asylwerber

Mit 1. Jänner, so Sander, werden die ersten Flüchtlinge einziehen. Laut Auskunft der BBU sollen bis zu 250 vulnerable Personen untergebracht werden, die zwei bis drei Monate bleiben und dann in andere Quartiere übersiedeln. Dass es bei 250 bleibt und tatsächlich nur vulnerable Asylwerber – also Menschen mit Krankheiten oder psychischen Problemen – untergebracht werden, glaubt Sander nicht: "Wir glauben, dass 300 bis 400 Platz haben und dieser Platz auch ausgereizt wird, wenn täglich 1000 Asylwerber im Burgenland über die Grenze kommen." Bereits jetzt sei die Region mit 450 Flüchtlingen in Leoben und 320 in Spital/Semmering aber stark beansprucht, hinzu komme die Frage nach der medizinischen Betreuung und der polizeilichen Aufsicht.

Christine Seitinger, Christian Sander, Josef Grätzhofer und Eva Hechtner (v. l.)
Christine Seitinger, Christian Sander, Josef Grätzhofer und Eva Hechtner (v. l.) © Marco Mitterböck

An eine Eröffnung mit 1. Jänner können Sander und seine Mitstreiter ohnehin nicht glauben. "Der bauliche Zustand des Gebäudes ist einfach zu schlecht, für mich ist das eine Verschwendung von Steuergeld", sagte Grätzhofer, der die ÖVP-interne Unterstützung auf Bezirks-, Landes- und Bundesebene vermisst. Seitinger berichtete von Wasserschäden und eingeschlagenen Fenstern im 2017 nach Mürzzuschlag abgewanderten Pflegeheim, auch Schimmelbefall könne man nicht ausschließen.

Kindberg schaltet Rechtsanwalt ein

Saniert wird das Gebäude vom Eigentümer, ehe die Baukosten durch die Miete aus Steuergeldern zurückerstattet werden, mutmaßt Sander. Seitens der Stadt Kindberg wolle man jedenfalls weiterhin "gegen menschenunterwürdige Massenunterkünfte auftreten". Die Unterbringung von 30 bis 50 Asylwerbern könne man sich aber vorstellen, um auf diese Weise Integration zu ermöglichen. "Das könnte auch im früheren Pflegeheim stattfinden", schlug Seitinger vor.

Selbst wenn die Hoffnung darauf, das Asylheim noch zu verhindern, weiter schrumpft und auch Kaufangebote von Wohnbauträgern abgelehnt wurden, will sich Kindberg nicht geschlagen geben. "Wir versuchen weiterhin, einen Termin bei Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka zu bekommen. Aber ich vermisse die Unterstützung von anderen Parteien auf übergeordneter Ebene", sagte Hechtner. Sander und seine Mitstreiter haben wiederum noch am Donnerstag einen Rechtsanwalt beauftragt: "Er berät uns, auf welche Art und Weise sich die Gemeinde wehren kann. Wir lassen uns nicht alles gefallen." Dabei gehe es vor allem um bauliche oder sicherheitstechnische Fragen, um das Asylquartier vielleicht doch noch aufhalten zu können.