Ob mit Wakeboard, Wasserski oder fliegendem Teppich über den Kristallsee, mit dem Mountainbike bergab oder mit dem Bummelzug rund um die beiden Seen. Die Mariazeller Bürgeralpe hat sich in den vergangenen Jahren zu einem beliebten Ausflugsziel für Jung und Alt entwickelt, das auch abseits des Winters mit seiner Vielfalt punkten kann. "Mittlerweile kommen zwei von drei Besuchern sogar schon im Sommer", sagt Geschäftsführer Johann Kleinhofer stolz.
Hätte man sich in den 1990er-Jahren nicht schon intensive Gedanken darüber gemacht, wie man ein Skigebiet auch in den Sommermonaten wirtschaftlich führt, hier heroben wäre wohl kein Kinderlachen mehr zu hören. "Man muss auch klar sagen: Ohne Leader-Fördergelder würde es die Bürgeralpe wohl nicht mehr geben", sagt Kleinhofer. Alleine für die jüngste Errungenschaft, die "Flylinas Hexenflug" genannte Waldachterbahn, kamen 100.000 der 276.000 Euro aus dem Leader-Fördertopf. Das freut Besucher wie Mitarbeiter gleichermaßen.
Was die Bürgeralpe dafür bekam? Eine rasante Waldachterbahn als Ergänzung zum bestehenden Angebot rund um das benachbarte Holzknechtland. "Der Fokus liegt klar auf den Kindern", sagt Kleinhofer. Während es anderorts auch Ziplines mit einer Geschwindigkeit von 80 km/h gibt, ist man hier über den Dächern des bekannten Wallfahrtsortes mit lediglich 15 km/h unterwegs. "Dafür können auch schon Kinder ab acht Jahren alleine fahren", sagt Kleinhofer. Weil jeder Besucher mit derselben Geschwindigkeit unterwegs ist, können mehrere Personen gleichzeitig unterwegs sein.
Mit 15 km/h an den Bäumen vorbei
Doch warum nur darüber reden, wenn man die jüngste Attraktion doch einfach auch austesten kann. Also geht's hinauf auf das hölzerne Plateau und hinein in den Sicherungsgurt. Einmal kurz hingesetzt, verbindet Kleinhofer die Haken schon mit den entsprechenden Ösen, gibt nach dem deutlichen Klick-Geräusch einen Schubser und ruft "gute Reise" hinterher. Danach geht es ab durch den Wald, vorbei an den unzähligen Bäumen.
Nur zwei davon, erzählt Kleinhofer später stolz, mussten für die Errichtung der Bahn weichen. Ohnehin spielte der ökologische Grundgedanke eine wesentliche Rolle beim Bau der Bahn: Sie ist direkt an ausgesuchten Bäumen montiert und verzichtet auf große Mengen Stahl und Beton. Den einen oder anderen Baum betrachtet man auch aus nächster Nähe, bahnt sich die Bahn doch ihren Weg durch den Wald. Wer mit langen Beinen ausgestattet ist, macht kurz sogar Bekanntschaft mit dem Erdboden.
Selbst wenn die 15 km/h mitunter gemächlich anmuten, so überwiegt der Spaß. Immer wieder dreht sich das Seil um die eigene Achse, seine Mitfahrer nimmt man nur verschwommen wahr. Ein Hauch von Unbeschwertheit weht durch die Luft, in diesen Sekunden vergisst man das Rundherum. Trotz aller Freiheit ein Tipp für Abenteuerlustige: Wer im benachbarten Gasthaus essen will, sollte das vielleicht nicht unmittelbar vor der Fahrt mit der Waldachterbahn erledigen. Schnitzel oder Hirschragout gehen sich auch danach noch leicht aus.
Der Rückweg als großes Rätsel
Nach 150 Sekunden und 340 Metern ist das Abenteuer wieder vorbei. Und dann? "Diese Frage haben wir uns wirklich gestellt", sagt Kleinhofer. Wie will man den Rückweg möglichst attraktiv gestalten, wenn die Anreise schon derart lustig war. Lediglich über die Forststraße zu laufen, weiß Kleinhofer, kann bei den Kindern kaum punkten und führt viel eher zu einem "Wann sind wir endlich da?". Also fand man eine Alternative: einen Rätselweg. Deutlich länger als der direkte Weg, besteht er aus sechs Stationen und führt zum weißen Turm auf einer Anhöhe. WDie Kinder müssen dabei ein Geheimnis lösenW, sagt Kleinhofer. Gelingt das, gibt's eine süße Überraschung.
Die durfte Kleinhofer zuletzt mehrfach austeilen, erfreut sich die Waldachterbahn doch großer Beliebtheit. Genau vor einem Jahr in Betrieb genommen, verzeichnete man bislang 16.000 Flüge: "Wir hatten in diesem Zeitraum 80.000 Besucher, also heben 20 Prozent ab." Möglich macht das die neun Millionen Euro schwere Gondelbahn, die pro Stunde 800 statt zuvor 120 Besucher auf den Gipfel transportieren kann. Künftig auch vermehrt zu Konzerten, die ein jüngeres Publikum ansprechen sollen, wie etwa jenes von Josh und Thorsteinn Einarsson am 29. Juli. Vielleicht geht sich für die beiden dann ja auch eine Fahrt mit der Waldachterbahn aus, die 150 Sekunden sollten sie sich jedenfalls nehmen.
Marco Mitterböck