Bananensplit, Eiskaffee oder ein Amarena-Kirsch-Eisbecher? Mit den steigenden Temperaturen steigt auch die Lust auf eine kühle Erfrischung in Form von Eis. Doch im Eissalon Julia beim Stadtplatz in Mürzzuschlag werden den Gästen die Eisbecher in dieser Saison erstmals nicht mehr an den Tisch serviert. Der Grund: Personalmangel. "Wir haben Stellen übers AMS ausgeschrieben, aber es hat sich niemand gemeldet", erklärt Geschäftsführer Gerold Achatz. Dann stand er vor der folgenschweren Entscheidung: "Entweder wir sperren gar nicht auf oder wir machen Selbstbedienung."
Bestellung nur an der Vitrine
Achatz entschied sich für Letzteres. "Ursprünglich wollten wir nur to go anbieten, also auch Eisbecher nur zum Mitnehmen, aber das haben die Leute gar nicht verstanden." Jetzt können die Gäste nach wie vor im Gastgarten des Eissalons Platz nehmen – egal, ob sie eine Eistüte, ein Getränk oder einen Eisbecher konsumieren. Aber es gibt keine Bedienung mehr, sie müssen an der Vitrine bestellen. Die Eisbecher sind nicht mehr wie üblich aus Glas, sondern aus Plastik. "Ich verstehe, dass viele nicht gerne aus Plastikbechern essen, aber ich kann aus Sicherheitsgründen nicht jedem ein Glas mitgeben."
Er beruhigt aber: "Solange wir Zeit haben, bringen wir die Eisbecher weiterhin zum Tisch, vor allem bei Kindern oder älteren Kunden." Momentan hat er eine 30-Stunden-Kraft und Schüler, die geringfügig aushelfen. Was Achatz suchte, war Fachpersonal mit Erfahrung in Gastronomie und Service. "Der- oder diejenige muss wissen, wie man eine Kassa bedient, wie man serviert oder wie ein Aperol Spritzer gemacht wird."
Saisonarbeitskräfte zu finden sei nie leicht gewesen, "aber jetzt ist es noch schwieriger", stellt Achatz fest, der zusätzlich die Lorenzer Schlafstub'n in St. Lorenzen betreibt und auch dort Köche und Reinigungskräfte sucht. In der Gegend sei es durch das größere Einzugsgebiet jedoch etwas einfacher, "hier heroben in Mürzzuschlag ist es schwieriger."
Nicht nur die Selbstbedienung, auch die Preiserhöhung im Eissalon Julia stößt den Gästen sauer auf. "Jeder muss teurer werden", sagt Achatz. Ein Liter Schlag koste mittlerweile 5,50 Euro und sei damit um zwei Euro teurer geworden. Pro Eisbecher verlange er jetzt um 60 bis 80 Cent mehr. Die Kritik, dass das Plastikgeschirr nicht nachhaltig sei, lässt Achatz nicht gelten: "Ich brauche sicher weniger Plastik als ein Lebensmittelgeschäft." Die restlichen Becher seien zu 100 Prozent recycelbar.
Die erschwerten Bedingungen spürt der Eissalon auch finanziell: "Wir machen 50 Prozent weniger Geschäft als im Vorjahr", schätzt Achatz. Auf der Facebook-Seite des Eissalons haben viele Gäste ihren Ärger kundgetan. "Wir können nichts dafür. Was soll ich machen ohne Personal?"
Mehr als nur ein Fachkräftemangel
Laut Martina Romen-Kierner, Regionalstellenleiterin der Wirtschaftskammer Bruck-Mürzzuschlag, sei der Mangel an Personal derzeit in allen Branchen eklatant, nicht nur in der Gastronomie. "Es ist nicht mehr nur ein Fachkräftemangel, es ist ein allgemeiner Arbeitskräftemangel." Das Problem gäbe es aber nicht nur im Bezirk, sondern in ganz Österreich, und auch über die Landesgrenzen hinaus. Viele Betriebe würden sich überlegen, wie sie für Arbeitnehmer attraktiv bleiben können und setzen auf neue Arbeitszeitmodelle, etwa das Restaurant Schicker in Kapfenberg mit der Vier-Tage-Woche.
Für die heurige Saison will es Achatz mit der Selbstbedienung belassen und niemanden mehr einstellen. Er habe die Eiskarte an die jetzige Personalsituation angepasst, das wieder umzustellen, sei schwierig. "Für die nächste Saison wünsche ich mir, dass wir drei bis vier Teilzeitkräfte finden, damit wieder ein Normalbetrieb möglich ist."
Nicole Friesenbichler