Es ist Nachmittag im Turnsaal der Mittelschule Kapfenberg-Stadt. Wo vormittags die Kinder toben und die Lautstärke keine Grenzen kennt, hört man nun das Klicken des Lichtschalters. Florian Maierhoferschaut sich um, zieht sich das passende Schuhwerk an und schreitet zur Tat, bevor die Kinder kommen. Nach und nach holt er Turnbank, Bock und diverse Matten aus dem Lager, die bald schon ihren festen Platz in der Halle haben.
Zwar liegt noch immer die schulische Atmosphäre in der Luft, nun aber durchzogen von einem ordentlichen Hauch von Fernsehlandschaft. Dort hat sich das Format „Ninja Warrior“ in den vergangenen Jahren einen Fixplatz erarbeitet, wenn wagemutige Damen und Herren sich den diversen Hindernissen stellen, um am Ende auf den roten Knopf zu hauen und den Traum vom Sieg am Leben zu erhalten. Auch aus dem Mürztal gibt es immer wieder Kletterer und Parcours-Akrobaten, die es ins TV zieht. Kurzum: „Ninja Warrior“ boomt.
Der Weg zum nächsten Ninja Warrior ist kein Kinderspiel
Weil aber ein Meister ebenso nicht vom Himmel fällt wie ein Ninja, ist Maierhofer gefragt. Als Spartenleiter hat der Sportwissenschafter gemeinsam mit dem Kapfenberger Nachwuchsmodell ein eigenes Programm auf die Beine gestellt, das Kindern und Jugendlichen von 9 bis 13 Jahren den Einstieg in diese Sportart ermöglicht. „Wir glauben, dass wir damit den Zahn der Zeit treffen. Der Zuspruch gibt uns recht, die Nachfrage ist groß“, sagt Maierhofer.
Viele Fähigkeiten sind gefragt
Welche Fähigkeiten aber braucht es, um den ersten Schritt zum Ninja zu bewältigen? Den Weg dorthin könnte man mit den entsprechenden Worten beschreiben – oder man tauscht den Innen- gegen den Außendienst, zieht sich das Sportgewand und nimmt den Parcours einfach selbst in Angriff.
Rund eine halbe Stunde brauchen Maierhofer und seine Mitstreiter, um die Halle entsprechend umzubauen. „Obwohl die Geräte alle aus dem Turnunterricht bekannt sind, gibt es dennoch viele Möglichkeiten, die so ein klassischer Turnsaal bietet. Es gibt da Beispiele mit 20, 30 Übungen“, sagt Maierhofer und setzt zum Vorzeigen an, bevor der Redakteur nachzieht.
Koordination ist Trumpf
Zuerst geht’s hinauf auf die an der Sprossenwand fixierten Sprungbretter, danach ab aufs Trampolin und schließlich einmal quer über und vor allem durch die ausgeklappte Sprossenwand. Haben Kinder hier alleine aufgrund ihrer geringeren Körpergröße einen Vorteil, machen sich 1,94 Meter spätestens dann bezahlt, wenn es um die entsprechende Reichweite geht, ehe die umgedrehte Langbank mit Schuhgröße 46 schon wieder schwerer zu bewältigen ist. Ohnehin, das merkt man schon auf den ersten Hindernissen, ist Koordination hier nur der Überbegriff. „Es spielen ganz viele Faktoren zusammen, deshalb ist diese Sportart extrem abwechslungsreich“, sagt Maierhofer.
Damit die Kinder bestehen können, brauchen sie schon vorab gewisse Grundkompetenzen. Angefangen beim Greifen über das Springen, Laufen und Klettern bis hin zum richtigen Landen, wenn man wie Tarzan durch die Lüfte gleitet, um dann in der vorgegebenen Landezone wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Die Spatzen kommen später.
Ebenso gefragt: Eine gewisse Agilität in den Beinen, damit der Ninja von morgen schon heute durch die Holzringe ebenso fehlerlos durchkommt wie durch den Stangenwald. „Wenn diese Grundkompetenzen vorhanden sind, optimieren wir sie an unseren zwei Übungstagen“, sagt Maierhofer.
Dass der Donnerstag dabei anstrengender ist, kommentiert ein junger Teilnehmer nur mit einem Achselzucken. Echte Ninjas reden nicht gerne – sondern handeln lieber.
Marco Mitterböck