Die offiziellen Details gibt es erst im September, doch schon jetzt sorgt das Projekt namens "Mürztal trennt schlau" für Aufregung unter einigen betroffenen Anrainern. In den Gemeinden Kindberg, Krieglach, Langenwang, St. Barbara, Spital/Semmering und Stanz startet dann besagtes Pilotprojekt, das von der Firma Saubermacher durchgeführt wird. Mittels eines eingebauten Chips in Restmülltonnen soll dadurch die Mülltrennung verbessert werden, gehören doch zwei Drittel des darin befindlichen Mülls gar nicht in den Restmüll. Ein Wertstoffscanner, eine im Müllsammelfahrzeug verbaute Apparatur, erkennt dabei die Zusammensetzung des Abfalls. So erkennt der Scanner etwa, ob es sich um Papier, Glas oder Metall handelt. Per SMS oder Mail, so heißt es in einem aktuellen Flugblatt, erhalten die Bewohner dann direkt eine Rückmeldung über die Trennqualität.

"Aber was passiert mit den Daten?", fragt ein besorgter Leser. Er kritisiert gleich mehrere Aspekte dieses Pilotprojekts. So könne man zum einen die Scans nutzen, um gezielt den jeweiligen Haushalt für die Mülltrennung zu bestrafen. Andererseits, so unser Leser, könne man ja auch den Müll analysieren und die daraus gewonnenen Rückschlüsse für andere Zwecke nutzen. "Wenn ich Windeln wegwerfe, bekommt man in Zukunft dann vielleicht individualisiert Werbung für Kinderprodukte. Und wenn ich Spritzen wegwerfe, lässt das den Schluss zu, dass ich gesundheitliche Probleme habe. Das könnte mir dann bei der Jobsuche Schwierigkeiten bereiten", sagt der Leser.

Bedenken äußert auch die FPÖ Langenwang, wie Vizebürgermeister Philipp Könighofer sagt: "Wir setzen uns auch für eine vernünftige Mülltrennung ein und lehnen solche Projekte nicht kategorisch ab, aber es bestehen massive Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes." Man werde deshalb die Datenschutzbehörde ersuchen, dieses Projekt der Firma Saubermacher zu überprüfen, biete doch Müll "einen massiven Einblick in das Konsumverhalten und die Lebensweise" der betroffenen Bürger.

Niemand soll bestraft werden

Andreas Zöscher, der Geschäftsführer des für die Gemeinden zuständigen Mürzverbands, weist diese Bedenken im Gespräch mit der Kleinen Zeitung zurück. "Der Scanner kann nur zwischen den einzelnen Materialien unterscheiden und erkennt nicht, um welches Produkt es sich konkret handelt. Wir wollen auch niemanden bestrafen." Dass künftig überhaupt ein Scanner zum Einsatz kommt, hat einen praktischen Grund: Der Mürzverband beschäftigt mit Helmut Prade und Richard Lanzinger zwei Abfallberater, sie müssen theoretisch den Bezirk mit seinen 100.000 Einwohnern und 47.000 Haushalten im Blick behalten. "Mit zwei Personen kannst du aber nicht überall vor Ort sein", sagt Zöscher.

Andreas Zöscher, Geschäftsführer Mürzverband
Andreas Zöscher, Geschäftsführer Mürzverband © Ballguide

Deshalb soll dieses Pilotprojekt dabei helfen, herauszufinden, wo ein erhöhter Beratungsbedarf besteht - wo es also vermehrt zu Fehlwürfen kommt. Anhand dieser Erhebung kann der Mürzverband dann gemeinsam mit den Gemeinden gezielt Schulungen oder Aufklärungsgespräche in den besonders auffälligen Siedlungsgebieten oder Straßenzügen anbieten. Immerhin fallen pro Jahr 12.000 Tonnen Restmüll im Einzugsgebiet des Abfallwirtschaftsverbandes Mürzverband an. Je weniger Fehlwürfe darin enthalten sind, desto eher hat der Mürzverband mit seiner Infrastruktur die Möglichkeit, Wertstoffe aus dem Restmüll herauszufiltern. "Wenn im Vorfeld schlecht getrennt wird, macht es das Recycling aus einem gemischten Haufen unmöglich", sagt Zöscher. Aktuell sind die Abfallberater deshalb mit einem Fotoapparat unterwegs, um derartige Fehlwürfe zu dokumentieren und die betroffenen Anrainer darauf hinzuweisen.

Künftig unterstützt sie der Scanner dabei - zumal das auch die Vorgaben der EU erfordern. "Diese Vorgaben steigen merklich an, und wir sind dazu verpflichtet, sie umzusetzen", sagt Zöscher und verweist auf die Ziele der EU: Jährlich landen in Österreich mehr als 600.000 Tonnen Wertstoffe aus Kunststoff, Papier, Glas oder Metall im Restmüll. Österreich erreicht bereits heute die bis 2025 geltenden EU-Ziele beim Recycling von Papier, Metall und Glas. Beim Kunststoff allerdings schafft Österreich nur eine Recyclingquote von 25 Prozent. Sie muss bis 2025 um das Doppelte auf 50 Prozent erhöht werden, von 75.000 auf 150.000 Tonnen recycelte Kunststoffverpackungen pro Jahr.