Einstweilen ist es "nur" ein Entwurf für die neue Leistungs- und Entgeltverordnung: Leistungen für Behinderte wie mobile Betreuung, Wohnbetreuung, Familienentlastung oder Freizeitassistenz sollen eingekürzt werden. Bis zu 38 Prozent will das Land bei den Tagsätzen für die Pfleger einsparen.
Tragische Konsequenzen. In der Praxis haben die Zahlen tragische Konsequenzen: Wie bei einer Frau aus dem Bezirk Bruck, die an Muskelschwund leidet: "Ich brauche Hilfe, schon in der Früh beim Aufstehen, bei der Körperpflege, beim Anziehen", erklärt sie. Ihr Haus kann die 50-Jährige nicht alleine verlassen.
Wohnassistenz. Zur Seite stehen ihr zwei Frauen von der Lebenshilfe - im Rahmen der so genannten Wohnassistenz. Sie helfen bei den alltäglichen Dingen des Lebens. Auf diese Hilfe könnte die Frau bald keinen Anspruch mehr haben. Denn kommt die Umsetzung der oben erwähnten Verordnung, werden die Folgen des Muskelschwundes, der Muskeldystrophie, nicht mehr als Behinderung anerkannt
Viele Schicksale. Die 50-Jährige ist längst nicht die einzige Betroffene. Aus ihrer Selbsthilfegruppe kennt sie auch die Schicksale anderer, teilweise noch sehr junger Menschen und versteht nicht, wie man solche Maßnahmen überhaupt andenken kann. Gerhard Kotzegger von der Lebenshilfe Bruck-Kapfenberg versteht das auch nicht: Vier Fälle betreut die Lebenshilfe allein in seinem Arbeitsbereich, darunter auch zwei Frauen, die an Multipler Sklerose leiden. Auch sie könnten bald um ihre Betreuung daheim umfallen. Für die Frau aus dem Bezirk Bruck gibt es, wenn das Gesetz geändert wird, nur einen Weg - den ins Pflegeheim. Wobei sie, wie auch andere, keine Rundumbetreuung braucht, das jetzige Ausmaß reicht aus, ist individuell auf die Kranke abgestimmt.
Unterstützungen fallen weg. Mit der Ausgrenzung aus dem Behindertengesetz fallen auch Unterstützungen anderer Art weg, etwa für Heilbehelfe. "Die Akkus für meinen Rollstuhl kosten 500 Euro", nennt die Frau ein Beispiel. Was für sie auch unfassbar ist: "Ich sitze im Rollstuhl, kann mich nicht alleine anziehen und das Haus nicht alleine verlassen. Aber ich bin laut Gesetz nicht behindert."
Weitere Konsequenzen. Für die Frau und viele andere Betroffene ist es nicht nur die organisatorische Hilfe, die die Wohnassistenz leistet. Ihre Helferinnen sind auch seelischer Beistand und Begleitung. Weitere Konsequenz: Die beiden Frauen würden ihre Arbeit verlieren, denn die Lebenshilfe kann nur beim Personal kürzen, wie Kotzegger sagt. "Aber für mich hat dieser Job bedeutet, dass ich ins Berufsleben einsteigen durfte. Das ist für eine Frau in meinem Alter keine Selbstverständlichkeit", sagt eine der Pflegerinnen. Sie ist nur ein wenig jünger als ihre Klientin.