Im Bezirk Bruck-Mürzzuschlag waren für die Nationalratswahl 2024 insgesamt 75.730 Personen wahlberechtigt, um exakt 3561 weniger als bei der Nationalratswahl 2019. Die Wahlbeteiligung lag bei rund 76 Prozent, unter den Wahlberechtigten waren 771 Auslandsösterreicher.
Gute Stimmung bei den Freiheitlichen
„Wir freuen uns, dass es so gut gelaufen ist“, heißt es bei den Freiheitlichen im Bezirk Bruck-Mürzzuschlag. Während der steirische Spitzenkandidat Hannes Amesbauer aus Neuberg an der Mürz in Graz feierte, hieß es zuhause: „Blau ist wieder tragbar“, so ein Parteimitglied. Um starke 15 Prozentpunkte hat man im Bezirk zugelegt.
Gemeinsam hat man sich in einem Lokal in Bruck zusammengefunden, die Stimmung ist gut – immer wieder der Blick aufs Handy. „Wahnsinn, unglaublich“, entfährt es manchen. „Wartet ab, lieber nicht zu früh freuen, ich bin da eher pessimistisch“, sagt der stellvertretende Bezirksparteiobmann Raphael Pensl in die Runde. Einer zitiert eine Nachricht aus der Nachbarstadt: „In Kapfenberg ist der Himmel blau.“ Nach Auszählung der Stimmen war klar: Auch dort führen die Freiheitlichen.
„Die Leute scheuen sich nicht mehr, uns zu wählen, wir sind auch die Alternative für Protestwähler schlechthin“, so Pensl. Auch regionale Themen, bis hin zu Bemühungen um Schulen und Kindergärten, hätten gezogen. In Richtung Bundespolitik meint Pensl: „Ich bin dagegen, dass wir uns Leute herausschießen lassen“, spricht er sich klar dafür aus, dass Kickl jedenfalls vorne bleiben soll „Und ja, wir wollen unbedingt mitregieren.“
SPÖ: „Schockierend, katastrophal, traurig“
Große Bestürzung herrscht bei der SPÖ in der Region: Die einst „rote“ Arbeiterhochburg mit den vielen Industriearbeitsplätzen konnte in keiner einzigen Gemeinde die Mehrheit erlange. Vielfach ist man auf den dritten Platz gerutscht, auch die großen SPÖ-geführten Städte wie Kapfenberg und Bruck sind mehrheitlich blau.
Aus der Partei hört man Zuschreibungen wie „schockierend, katastrophal, traurig“, es ging nicht darum, ob irgendwo dazugewonnen wurde, sondern vielmehr, wer weniger verloren hat. Das dürfte die Gemeinde Spital am Semmering sein, wo die SPÖ nur etwa einen halben Prozentpunkt verlor. „Vielleicht, weil wir das Flüchtlingsheim zugesperrt haben. Sonst wäre es noch schlimmer ausgegangen“, mutmaßt Bürgermeisterin und Bundesrätin Maria Fischer.
Auch in Bruck, von wo auch der steirische Spitzenkandidat Jörg Leichtfried stammt, hat die SPÖ im Verhältnis zu anderen roten Gemeinden wenig verloren – etwa um die dreieinhalb Prozent. Das wurde parteiintern schon als ziemlich großer Erfolg gewertet. „Es haben aber auch die Regierungsparteien verloren, aus meiner Sicht gab es überhaupt keinen Kanzlerbonus“, so Bürgermeisterin Andrea Winkelmeier.
Bei der Ursachenforschung tun sich beide Frauen schwer, sie glauben jedenfalls nicht, dass es an Spitzenkandidat Andreas Babler lag. „Es ist einfach international ein Trend, dass rechts gewählt wird“, so Fischer. Dennoch ist man überzeugt: Bei der bevorstehenden Landtagswahl im November würden die Karten neu gemischt.
ÖVP nur mehr in zwei Gemeinden vorne
Stark getrübte Stimmung bei der ÖVP, die rund elf Prozentpunkte und damit den größten Verlust von allen Parteien im Bezirk hinnehmen musste. Dass man das Top-Ergebnis im Bezirk von 2019, als Sebastian Kurz noch dabei war, wiederholen könnte, war vielfach nicht erwartet worden. Dass man allerdings nur mehr in zwei Gemeinden (Aflenz und Tragöß-St. Katharein) die Nase vorne hat, obwohl die Partei den überwiegenden Anteil der Bürgermeister im Bezirk stellt, ist eine Niederlage.
Der regionale Spitzenkandidat, Andreas Fraydenegg-Monzello, war am Nachmittag mit Bezirksobfrau und LAbg. Conny Izzo noch in der Parteizentrale in Bruck – dann ging‘s für die beiden jedoch ab nach Graz, wo sie die ersten Hochrechnungen mit den Landesspitzen miterlebten. Fraydenegg-Monzello erhofft sich Chancen, durch Personalrochaden in den Nationalrat einzuziehen. Er meinte am Sonntag: „Es hängt vom Wahlausgang und der Partei ab, ich schätze nicht, dass ich es heute Abend noch weiß.“
Neos, Grüne, KPÖ und Co.
Die Grünen haben trotz Regierungsbeteiligung im Bezirk verloren, die stärkste Gemeinde (Aflenz) liegt bei knapp acht Prozent. „Ich freue mich über die hohe Wahlbeteiligung“, so die auf der Wahlkeisliste bestgereihte Kandidatin im Bezirk, Jacqueline Staber-Gossi. Sie sitzt auch in Bruck im Gemeinderat. „Natürlich hätte ich mir ein anderes Ergebnis gewünscht, dass wir in Bruck (rund 6 Prozent) vergleichsweise geringe Verluste eingefahren haben, sehe ich als Bestätigung für meine Arbeit.“
Neos landen mit knapp sieben Prozent im Bezirk noch vor den Grünen (fünf Prozent). „Wir stufen dieses Ergebnis als mehr als passabel ein“, erklärt Sebastian Wintschnig, bestgereihter Kandidat auf der Wahlkreisliste. Spitzenreiter sind die Gemeinden St. Lorenzen, Aflenz und Bruck selbst, wo Wintschnig auch Gemeinderat ist. „Mit einem Plus von mehr als zwei Prozent sind wir dort neben der FPÖ jene Partei, die am meisten zugelegt hat.“
Die KPÖ kommt im Bezirk auf knapp drei Prozent – die mit Abstand stärkste Gemeinde ist Mürzzuschlag (rund fünf Prozent). Die großen Städte Kapfenberg und Bruck liegen bei etwas mehr als drei Prozent. Die Bierpartei holt sich im Bezirk gute zwei Prozent, alle anderen (“Keine“, Liste Madleine Petrovic, MFG und Gaza) kommen laut aktueller Zählung nicht über ein Prozent hinaus.
Rückblick auf die Nationalratswahl 2019
Die Wahlbeteiligung im Bezirk Bruck-Mürzzuschlag lag bei der Nationalratswahl 2019 bei 74,0 %. Die auch 2024 kandidierenden Parteien kamen auf folgende Ergebnisse: ÖVP 33,8 %, SPÖ 30,1 %, FPÖ 18,1 %, Grüne 8,5 %, Neos 5,7 %, KPÖ 1,5 % und Wandel (diesmal als „Keine“) 0,4 %.
Kandidatinnen aus dem Bezirk
Gleich zwei der steirischen Spitzenkandidaten kommen aus dem Bezirk: Mit Jörg Leichtfried (SPÖ) und Hannes Amesbauer (FPÖ) duellieren sich schon zum dritten Mal zwei Mürztaler um den ersten Platz.
Der bestgereihte Kandidat, der nach eigenen Aussagen durch Verschiebungen und Rochaden auf diversen Listen, Aussicht auf einen Platz im Nationalrat hat, ist Andreas Fraydenegg-Monzello von der ÖVP. Er kommt aus St. Lorenzen und war lange Mitarbeiter im Team von Hans Seitinger. Er kandidiert auf der Regionalliste Obersteiermark auf Platz 3.
Die best gereihte Grüne aus dem Bezirk ist Jacqueline Staber-Gossi, die auch Gemeinderätin in Bruck ist, dasselbe trifft bei den Neos auf Sebastian Wintschnig sowie Jürgen Klösch von der KPÖ zu.
Bezirkskandidaten für Kleinparteien vorne gereiht
Auf dem ersten Platz in der Obersteiermark für die Liste Madeleine Petrovic (LMP) steht mit Hubert Thurnhofer ein Autor und Künstler aus Langenwang. Ebenfalls auf Platz eins der MFG ein Kapfenberger, der Techniker Thomas Salamon. Und zu guter Letzt ebenfalls auf dem 1. Platz für „Keine“ die Gastronomin Sabine Aigner aus Kapfenberg.