Wie entstehen Werte?

Von klein auf lernen wir von unserer Familie und der Gesellschaft, was im Leben wichtig ist. Dadurch ergeben sich kulturelle Unterschiede, aber jeder entwickelt gewisse Wertvorstellungen auch mithilfe seiner eigenen Erfahrung. Manches ist uns bewusst und anderes haben wir einfach übernommen. Doch wir dürfen nicht vergessen, wie prägend diese sein können. Denn sie wirken sich auf unser Weltbild, die Denkweise und auf das individuelle Verhalten aus. Sich der eigenen Werte bewusst zu sein, ist grundlegend für das Kommunizieren mit anderen.

Toleranz ist ein essenzieller Wert für das Zusammenleben einer Gesellschaft, aber wie wird man toleranter gegenüber anderen und was heißt das überhaupt?

Tolerante Menschen sind nicht jene, die alles und jeden akzeptieren oder gutheißen, sondern solche, die sich über den Platz in dieser Welt bewusst sind und auch verstehen, dass jedes Lebewesen Raum braucht, um sich zu entwickeln. Um mentale Grenzen zu überwinden, muss sich deshalb jeder selbst die Frage stellen: Wie bin ich und wie wirkt sich mein Verhalten auf das Leben anderer aus?

Müssen wir Menschen uns also selbst besser kennenlernen, um andere zu verstehen?

Ja. Medien, Politik, unser Umfeld, aber auch Bildung haben einen großen Einfluss darauf, wie und was wir denken, und infolgedessen, was wir sagen und wie wir handeln. Sich bewusst zu sein, welche Werte und Charaktereigenschaften man von außen übernommen hat bzw. welchen Einfluss diese haben, ist der erste Schritt in Richtung Ich. Wenn man Denkmuster übernimmt, ohne sie zu hinterfragen, ist es so, als würde man in einen Zug steigen, dessen Endstation man gar nicht kennt. Die Erkenntnis darüber, dass dieser Bewusstseinsbildungsprozess Zeit braucht, und die Bereitschaft, diese zu investieren, gehören aber auch dazu.

Warum ist bewusstes Kommunizieren so wichtig für ein besseres Zusammenleben?

Unsere Kommunikation, vor allem mit Fremden, ist geprägt von Missverständnissen. Das hat zur Folge, dass wir urteilen und somit weiter auseinanderrücken, anstatt aufeinander zuzugehen. Kommunikation, die wir brauchen für ein gutes Miteinander, ist aber keine Einbahnstraße. Es gibt immer Sender und Empfänger und Signale auf bewusste Art und Weise aufzunehmen und zu senden, benötigt ein gewisses Maß an Eigenverantwortung.

Aber ist es nicht viel einfacher, den anderen die Schuld zu geben?

Natürlich, für die Person, die einen Schuldigen gefunden hat, schon, aber versetzt man sich in die Lage des anderen, hat das nichts mehr mit Einfachheit zu tun. Wenn jeder so denkt und ignorant handelt, wird es keine Veränderung geben. Vor allem wie wir miteinander sprechen, hat eine große Wirkung auf unsere Beziehungen. Denn Worte sind emotional kodiert und sind dazu in der Lage, unsere Wirklichkeit zu beeinflussen. Das heißt, sie wirken in Form von Gefühlen auf uns, aber auch auf unser Gegenüber, und je nachdem wie oft man Gesagtes wiederholt, kann es auch eintreten.

Was braucht unsere Kommunikation also?

Gegenseitiger ehrlicher und offener Austausch und aktives Zuhören könnten schon so manche Grenze überwinden. Egal wer, wie oder woher unser Gegenüber ist, irgendetwas teilt man mit dieser Person. Es geht also nicht nur um Kommunikation, sondern auch um den Fokus. Wenn ich meine Aufmerksamkeit auf Positives und Gemeinsamkeiten lenke, ergeben sich oft schnellere und bessere Lösungen für so manches Problem. Umgebe ich mich dauernd mit Menschen, die immer nur das Schlechte sehen, kann es sein, dass man dieses Muster übernimmt. Setze ich mich aber mit positiven Menschen und Inhalten auseinander, wie z. B. mit Musik oder der Natur, werde ich mich bald besser fühlen und mein Gegenüber ebenso.

ZUR PERSON:

Dr. Monika KOBZINA – Coach, Unternehmensberaterin und Lehrbeauftragte für Kommunikationswissenschaft und Öffentlichkeitsarbeit an der Universität für Bodenkultur.