Unzählige rote Herzerl fliegen dem weißen Reh auf Social Media nach einem aktuellen Bericht in der Kleinen Zeitung entgegen: Das seltene Tier ist im Bereich Kammern unterwegs und sorgt bei Sichtungen immer wieder für großes Aufsehen.
Und es ist nicht nur Landwirt Siegfried Steinegger vor die Linse seiner Handykamera gesprungen. Viele weitere Leute haben die schneeweiße Rehgeiß knipsen oder sogar filmen können, wie etwa Nico Mitterer – wenngleich meist nur aus größerer Entfernung.
Fotografisches Geschick und Engelsgeduld
Auch Wildtierfotograf Manuel Gruber aus Trofaiach bekam das Reh vor die Linse seiner Profikamera. Das ist mittlerweile zwei Jahre her und erforderte nicht nur fotografisches Geschick und eine Engelsgeduld. "Ich habe ein Jahr lang versucht, Fotos von dem Reh zu machen. Nachdem ich selbst in der Gegend wohne, bin ich immer wieder hingefahren, und habe mich stundenlang auf die Lauer gelegt", erzählt Gruber.
Er sei durch den Hinweis einer Einheimischen auf das Reh "angespitzt" worden: "Sie hat von den Sichtungen erzählt, und dass ihre Oma sich ein Foto wünscht", erzählt Gruber. Das Fotoprojekt wurde ihm selbst zum "Herzensprojekt", wie er einräumt.
Als Autodidakt ins Fotogeschäft eingestiegen
Der 28-Jährige ist Autodidakt und beschäftigt sich seit zehn Jahren mit der herausfordernden Sparte der Wildtierfotografie. Vorher war Gruber in einem Sägewerk als Vorarbeiter tätig. "Über die Wildtierfotografie bin ich ins Fotografenhandwerk eingestiegen", so Gruber, der jetzt alle möglichen Motive professionell in Szene setzt.
Vor zwei Jahren hüpfte ihm das weiße Reh im Liesingtal endlich vor die Linse. Und es gelang Gruber, mit einem Objektiv mit 600 Millimeter Brennweite samt Telekonverter, aus einer Entfernung von 250 Metern, eine Serie an Aufnahmen von dem scheuen Lebewesen zu machen. "Das war im Sommer, ich bin drei bis vier Stunden auf der Lauer gelegen, bis sich das Reh zwischen 19 und 20 Uhr am Abend gezeigt hat", erzählt Gruber.
Als Perfektionist sei er mit den entstandenen Fotos zwar zufrieden, aber nicht zu hundert Prozent. Dementsprechend legt er sich nach wie vor von Zeit zu Zeit voll getarnt auf die Lauer: "Ich habe noch nicht genau das Bild, das ich im Kopf habe", meint Gruber. Um das Reh nicht zu sehr zu stressen, sei er auch nicht allzu oft in der Gegend, um auf den perfekten Moment für ein Foto zu warten: "Das Wohl des Tieres geht mir über alles."
Jedenfalls bestätigten die Erzählungen von Siegfried Steinegger zahlreiche Augenzeugen in den Beobachtungen, die sie selbst gemacht haben: "Siehst, ich war doch nicht blöd, als ich gesagt habe, da war ein weißes Reh", kommentiert eine Userin auf Facebook. "Jetzt weißt du, was es ist", meint ein User zu einem Freund. Und ein anderer schreibt: "Wir sehen es auch regelmäßig", und postet ein Foto, auf dem ein kleiner weißer Klecks inmitten der grasgrünen Wiese erscheint.
Schneehase, Eisbär oder doch ein Reh?
Ein bisschen Augenzwinkern gehört auch dazu. So vermutet ein User den "Schneehasen" im Sommer gesichtet zu haben. "Vielleicht ist es ein Eisbär", heißt es beim nächsten. Ein anderer User meint scherzhaft zu einer Freundin: "Hast du das Reh so erschrocken, dass ihm die Farbe ausgegangen ist?"
Was aber alle verbindet, ist die Sorge um das äußerst seltene weiße Reh. Die bringt ein User – bestimmt stellvertretend für alle – auf den Punkt: "Ich hoffe, es erschießt keiner." Und in einem Punkt sind sich ohnehin praktisch alle einig: "Sehr süß", meint eine Userin.