Weit über unzählige Fichten hinaus ragt eine kräftige Lärche kerzengerade in den Himmel hinauf. "Die Lärche passt hier extrem gut rein, sie ist ein Tiefwurzler, holt sich die Feuchtigkeit also von unten herauf und braucht viel Licht", erklärt Andreas Steinegger in einem Waldstück auf etwa 760 Metern Seehöhe in Foirach bei Niklasdorf. Steinegger ist Forst- und Landwirt sowie Leobener Landwirtschaftskammer-Obmann.
"Mit vielen Fichten und auch ein paar Lärchen ist das hier ein Nadel-Mischwald, was für den jetzigen Zeitpunkt gut passt. Der Standort hier wird in Zukunft aber ganz andere Bauarten brauchen", fährt Steinegger fort. Welche Baumarten das sein könnten, das weiß seit Neuem ein Programm, das von mehr als 180 Wissenschaftlern für die Steiermark entwickelt wurde und für jeden kostenlos zugänglich ist: die "dynamische Waldtypisierung". Das Programm spuckt sozusagen wissenschaftliche Erkenntnisse aus, also wichtige Klima-Daten zu jedem Fleck in der Steiermark, den man auf der Landkarte anklickt. (www.agrar.steiermark.at)
Wenige Sekunden später erhält man mehrere Seiten voller Tabellen und Berechnungen, wie sich das Klima an dem eben vorher ausgewählten Standort wahrscheinlich verändern wird sowie Empfehlungen, welche Baumarten man hier setzen sollte. "Es zeigt Gefahren und die Entwicklung auf und berechnet, wie viel Niederschlag genau hier in 40 und 80 Jahren zu erwarten ist, wie sich Temperatur und Untergrund verändern. Es schlägt einem dann auch gleich eine lange Liste an Baumarten vor, die dort hinpassen würden, weil sie zum Beispiel längere Trockenperioden gut überstehen", sagt Steinegger.
Nachhaltige Aufforstung
Mit mehr als 80 Prozent wachsen im Bezirk Leoben mit großem Abstand am meisten Fichten. Noch. Das wird sich bald ändern - ändern müssen. Den die Fichte sei laut Steinegger nicht unbedingt das, was man als den "klimafitten Baum" bezeichnen würde. Als Flachwurzler nehmen sie Feuchtigkeit hauptsächlich als Regenwasser auf, während die Wurzeln der Lärchen oder Eichen bis zum Grundwasser reichen.
Viele Forstwirte haben mit der nachhaltigen Aufforstung ihrer Wälder bereits begonnen, so auch Steinegger. Und viele werden folgen - gezwungenermaßen. "Das heißt aber nicht, dass es keine Fichten mehr geben wird, es kommt auf die Lage an. Sie wird sich in Zukunft aber schwertun. Eiche, Buche, Linde, Spitzahorn oder die Douglasie halten die Wärme aber schon eher aus", erklärt Steinegger.
Nicht einfach "nur" Wald
Wie viel System hinter einem - für jemanden ohne forstwirtschaftlichen Hintergrund - "normalen Wald" steckt, wird erst beim gemeinsamen Betrachten mit einem Experten klar. Es wird ganz gezielt nachgesetzt, ausgeschnitten und es werden Baumarten gewählt, um den Wald für nächste Generationen zu sichern. Sowohl in wirtschaftlicher als auch in nachhaltiger Hinsicht. "Es muss schließlich auch eine Familie davon leben können."
Einen Haken hat die ganze Sache laut Steinegger aber noch: denn auch wenn ein Forstwirt anhand der dynamischen Waldtypisierung weiß, welche Baumarten sich für sein Waldstück perfekt eignen würden - es fehle noch am richtigen Saatgut, meint er. "Das Saatgut muss genau für den Standort, die Seehöhe, die Wasserverfügung und Bodenverhältnisse passen. Das gibt es aber noch nicht und bedeutet jetzt viel Arbeit. Denn jetzt müssen Forstpflanzenhersteller nachlegen und genau die Pflanzen, die wir künftig brauchen, zur Verfügung stellen."