Kräftig drückt ein blonder Bursche einen Spaten in die Quarzsand-Erde-Mischung. Angestrengt hievt er eine Schaufelladung voll aus der Scheibtruhe in den Kübel, der neben seinen Füßen im Matsch steht. Er wischt sich zuerst seine Haare aus dem Gesicht, dann die erdigen Hände in die mittlerweile nicht mehr ganz so blauen Jeans und stößt ein erschöpftes "Puh" aus. "Marcel, i brauch noch a Misch!", tönt es aus einem Erdloch im Schulgarten der Mittelschule St. Michael.
Die Stimme gehört zu einem knallgelben Regenmantel - und in diesem wiederum steckt Sandro Holzer. Er ist 13 Jahre alt und steht gemeinsam mit zwei anderen Burschen in der Mitte des Erdlochs. Das Loch ist ausgekleidet mit einer schwarzen Folie und einem braunen Netz aus Kokosfasern. Das Netz dient als Verankerung für die Quarzsand-Erde-Mischung, in der später unterschiedlichste Pflanzen Wurzelns schlagen sollen. Vorsichtig klopft Sandro die eben aufgetragene Schicht Erde fest, und weist all jene Mitschüler zurecht, die weniger vorsichtig am oberen Rand herumsteigen, wodurch Risse in der Sand-Erde-Mischung entstehen. "Da auf der Schräge ist es echt blöd zu stehen. Pass doch auf! Ich mach das sicher nicht noch einmal", ruft er.
Beerenhecke, Erdbeerhügel, Kräuterbeete und Biotop
Wenige Stunden später soll das Loch nämlich mit Wasser befüllt und daraus ein Biotop werden. Eines, das möglichst vielen Pflanzen und Tieren ein Zuhause bieten soll. "Wir hoffen, dass wir viele Lebewesen anlocken", freut sich Sandro. Der komplette Schulgarten wird seit rund acht Jahren Schritt für Schritt bepflanzt und aufgehübscht. Auf eine Beerenhecke folgte ein "Erdbeerhügel", darauf riesige Kräuterbeete und nun das "Megaprojekt Biotop", wie Wald- und Kräuterpädagogin Judith Nestler aus Kraubath erklärt. Zusammen mit zwei Vertretern vom Umweltdachverband und der Landschaftsplanerin Paula Polak wurde das Biotop im Zuge des von der EU geförderten Programms "Ins.Act" geplant und umgesetzt.
Schon ein wenig durchnässt vom Regen steht Nestler inmitten der Schüler, die sich teilweise einen Regenponcho übergeworfen haben. Der Regen wird stärker. Aber frei nach dem Motto "schlechtes Wetter gibt es nicht, sondern nur schlechte Ausrüstung", ändert das nichts an der Arbeitsmoral der Jugendlichen. Kein schlechtes Wetter und auch keine Wochenenden oder Ferien können sie vom Arbeiten abhalten, bestätigt auch Michaela Pansi, stellvertretende Schulleiterin.
"99 Prozent der Arbeit im Schulgarten wird von den Kindern verrichtet. Und was hier passiert, ist wirklich Lernen fürs Leben. Die beste Hausverstandschulung, die es gibt. Ausbildung ist natürlich wichtig, aber sie bringt nichts, wenn Kindern nicht wissen, wie sie das theoretisch Erlernte anwenden sollen", ist sich Pansi sicher. Während ein Mädchen gerade ein Loch für eine Sumpfdotterblume in die Erde drückt und lautstark verkündet, allein schon wegen des großen Aufwandes sicher nie ein eigenes Biotop anlegen zu wollen, meint Marcel Köberl (15) aus St. Michael: "Das hilft einem im weiteren Leben. Denn alles, was man schon einmal gemacht hat, merkt man sich. Und wenn ich später einmal ein Biotop haben möchte, weiß ich schon vieles darüber."
Zuhause für möglichst viele Tiere und Pflanzen
Eva Mayer ist als Projektleiterin vom Umweltdachverband hier, um der Schule dabei zu helfen, eine große Diversität und Artenvielfalt zu generieren und spricht von einer hoch motivierten Gruppe, die sie hier begleite. Mittlerweile ist das Netz schon mit einer Schicht Erde bedeckt und Paula Polak fischt die ersten Wasserpflanzen aus den Säcken. Sie reicht die Pflanzen an zwei Mädchen weiter und erklärt, wo und wie sie eingepflanzt werden sollen.
"Am Rand kommen die Sumpfpflanzen wie zum Beispiel die Sumpfdotterblume, dann Pflanzen, die circa 20 Zentimeter unter Wasser stehen, wie die Wasserminze, der Knöterich oder Fieberklee. Noch tiefer kommen Unterwasserpflanzen wie die Seekanne." Per Hand werden noch Posthornschnecken oder kleine Schnauzenschnecken in das Biotop gesetzt. "Alles, was fliegt, kommt sowieso von selbst. So wie Libellen zum Beispiel", stellt Polak in Aussicht.