Was beschäftigt sie am Standort von AT&S in Hinterberg aktuell?
ANDREAS GERSTENMAYER: Wir haben drei Standbeine am Standort. Das eine ist die Forschungs- und Entwicklungsabteilung. Das andere ist der Produktionsstandort Leoben. Und drittens ist Hinterberg das Headquarter des gesamten Unternehmens. Und das ist nicht nur Verwaltung, hier geht es vor allem um die weltweite strategische Ausrichtung von AT&S.
In China hat AT&S in neue Werke massiv investiert, auch in Fehringzuletzt. Wie sieht es in diesem Bereich in Hinterberg aus?
Wir haben über die letzten drei, vier Jahre weit über 50 Millionen Euro in Hinterberg investiert. In neueste Technologien, schwerpunktmäßig waren das Investitionen in die Produktion.
Gibt es ein Szenario, demnach es vorstellbar ist, dass in Hinterberg nur mehr das Headquarter ist und die Produktion gänzlich woanders angesiedelt ist?
Ehrlich gesagt, mit einem solchen Szenario haben wir uns bislang nicht beschäftigt.
Für ein Unternehmen ihrer Branche ist es eher untypisch noch in Europa vertreten zu sein. Welche Vorteile ziehen Sie aus dem Standort?
Wir haben es uns eingerichtet, wir haben uns angepasst. Es gibt Marktsegmente, die eine hohe Flexibilität der Organisation, der Mitarbeiter sowie eine hohe Kompetenz der Mitarbeiter erfordern, um so schnell technologisch beste Lösungen anbieten zu können. Ich denke, aufgrund der Ausbildung in Österreich, in Europa sind wir kulturell auch am besten für diese Anforderungen gerüstet.
Spielt die österreichische beziehungsweise europäische Förderlandschaft eine Rolle?
Förderung hilft, aber Förderung ist niemals ein Entscheidungskriterium. Wenn sich eine Investition nicht rechnet, lassen Sie es bleiben. Wegen der Förderung wird es sich auch nicht rechnen.
Wie geht AT&S mit dem Facharbeitermangel in der Region Leoben um?
Das ist ja kein rein Leobener Problem. Das trifft auch ganz Österreich und Mitteleuropa. Fachkräfte, Ingenieurpotenzial zu lukrieren ist extrem schwierig geworden. Nicht böse sein, aber ich rechne Leoben zum Großraum Graz. Hier gibt es einen Wettbewerb um die besten Köpfe. Da haben wir in Leoben doch einen Standortnachteil. Weil sich junge Menschen eher Richtung Graz orientieren. Da müssen wir schon besondere Benefits bieten, dass jemand sich für Leoben entscheidet.
Wie überzeugt man Mitarbeiter davon nach Leoben zu kommen?
Es wird immer schwieriger. Wir haben es bisher über Entwicklungsperspektiven, Internationalität versucht. Aber es reicht nicht mehr. Es reichen auch finanzielle Anreize nicht mehr.
Vielen Menschen ist ihre Lebenszeit wichtiger geworden. Das heißt, jeden Tag ein, zwei Stunden im Auto beim Pendeln zu verbringen, ist ein Argument, nicht nach Leoben zu kommen. Herzuziehen ist für viele keine Option. Nicht weil es hier nicht schön wäre, aber weil junge Menschen die Möglichkeiten einer Stadt wie Graz vorziehen. Jemanden von Wien zu holen, ist noch schwieriger.
Seit 2010 sind Sie bei AT&S in Leoben. Wie hat sich Ihr Bild der Stadt in diesen acht Jahren verändert?
Ich denke, es hat sich gar nicht verändert. In der Vergangenheit wurden Initiativen gesetzt, um eine Entwicklung des Standorts zu ermöglichen. Was mir nach wie vor fehlt: Infrastrukturelle Verbesserungen. Es kann keine Tagesreise sein, wenn ich von Graz nach Leoben muss. Sie können mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht pendeln.
Sehen Sie das Bild der Krisenregion Obersteiermark noch?
So lange wir nach wie vor darum kämpfen, die Leute in der Region zu halten, eher ja. Es pendeln viel mehr aus als ein. Es ist vielleicht kein Krisenszenario, aber in Summe muss man feststellen, dass der ganze obersteirische Bereich kein wachsender ist. Wir müssen uns öffnen, auch hinsichtlich internationalem Zuzug. Ein weiterer Engpass ist qualitativ hochwertiger Wohnraum.
In Ihrer Branche ist es wichtig am Puls der Zeit zu sein. Wie bleiben Sie „up to date“?
Ich habe den Vorzug Mitarbeiter zu haben, die sich permament mit dem Markt beschäftigen. Von diesem Wissen profitiere ich. Auch bin ich regelmäßig bei großen Kunden, um mit denen über die Weiterentwicklung des Geschäfts zu sprechen.