Eine Fortsetzung der ÖVP-SPÖ-Koalition nach der Steiermark-Wahl wird von Experten als wahrscheinlichste Option angesehen. Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer gelte als Freund dieser Variante, so Politikwissenschaftler Peter Filzmaier und Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer. Vorerst eher keine Auswirkungen auf die Bundes-SPÖ werde der Rücktritt von Landesparteichef Michael Schickhofer haben.
Auch sei Schützenhöfer für seine persönliche Ablehnung der FPÖ bekannt, sagte OGM-Chef Bachmayer am Montag im APA-Gespräch; noch größer wären die Ressentiments bei Landesrat Christopher Drexler, der ja als potenzieller Nachfolger des steirischen ÖVP-Chefs gilt. Und auch Meinungsforscher Peter Hajek sagte zur APA, die FPÖ werde "nicht erste Präferenz" Schützenhöfers sein.
Oder doch türkis-blau?
Gleichzeitig betonte Hajek, dass Schwarz-Blau schon eine "realistische Option" sei, denn man wisse ja nicht, wie es nach dem am Montag erfolgten Rücktritt des steirischen SPÖ-Landesparteichefs Michael Schickhofer in der Landes-SPÖ weitergehen wird. Auch werde es wohl darauf ankommen, welche Maßnahmen FPÖ-Chef Mario Kunasek der ÖVP hinsichtlich "rechter Umtriebe" bei den Freiheitlichen anbieten kann, so der Experte.
Filzmaier und Bachmayer sehen durch den Rücktritt Schickhofers die Chancen auf eine Weiterführung von Schwarz-Rot in der grünen Mark gestiegen. Dass Schickhofer zurückgetreten ist, sei "eher ein Grund mehr" für diese Option, so Bachmayer. Nun könne man einen "Neubeginn" besser verkaufen. Auch könne Schützenhöfer mit Finanzlandesrat Anton Lang, der ja die Regierungsverhandlungen mit der ÖVP führen soll, persönlich gut. Gegen die blaue Option spricht laut Filzmaier, dass Schwarz-Blau im 48 Sitze großen Landtag mit 26 Mandaten künftig nur eine knappe Mehrheit besitzt.
Keine Auswirkungen
Auf die Bundes-SPÖ wird der Rücktritt Schickhofers laut Experten-Ansicht eher keine unmittelbaren Konsequenzen haben. Denn es mangle im Bund - anders als in der Steiermark - an potenziellen Nachfolgern für Partei-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner. "Es stellt sich die Frage: wer will?", so Filzmaier.
Auch Hajek teilt diese Meinung. Spannend könnte es seiner Ansicht nach für die SPÖ im Jänner werden, wenn die Landtagswahl im Burgenland ansteht: "Wenn (Landesparteichef, Anm.) Hans-Peter Doskozil erfolgreich ist, wird wieder die Debatte gestartet, welchen Weg die SPÖ nehmen soll - den Rendi- oder den Doskozil-Kurs."
Den ÖVP-Erfolg sieht Hajek einerseits dem Bundestrend, andererseits dem "schwachen Mitbewerb", aber auch der Person Schützenhöfers geschuldet. Dem ÖVP-Landesparteichef habe der Landeshauptmann-Bonus genützt, sagte Bachmaier. Er sei als neuer Landeshauptmann in die Rolle des Landesvaters hineingewachsen, "was man ihm gar nicht zugetraut hat".
FPÖ-Schuss ins Knie
Für die FPÖ sei der von ihre eingebrachte Neuwahlantrag ein "Schuss ins eigene politische Parteiknie" gewesen, so Filzmaier zum desaströsen blauen Ergebnis. Für Bachmaier hat die Landes-FPÖ vor allem stark unter dem Bundestrend gelitten, dem FPÖ-Landesparteichef Mario Kunasek trotz eines "recht soliden Wahlkampfs" nicht begegnen habe können.
"Mitschwimmen im Bundestrend" konnten hingegen die erfolgreichen Grünen, so Filzmaier. Und die Öko-Partei habe - wie auch die NEOS - von der niedrigen Wahlbeteiligung profitiert. Denn beide Parteien verfügten über Wähler, die auf jeden Fall zur Wahl gehen, so der Experte.
Pflichtübung der Neos
Die KPÖ habe sich mittlerweile in der Steiermark etabliert, mit sozialpolitischer Glaubwürdigkeit, vor allem beim Thema "leistbares Wohnen", sagte Filzmaier. Auch hätten die Kommunisten von der Schwäche der SPÖ profitiert, verwies Bachmayer auf die laut Wählerstromanalysen von der SPÖ zur KPÖ gewanderten Stimmen.
Einen "Mosaikstein in der Erfolgsgeschichte" seit ihrer Gründung sah Hajek im Ergebnis der NEOS, die nach dem Scheitern 2015 nun erstmals in den Landtag einziehen. Für Filzmaier fast eine Pflichtübung, denn aufgrund der Wählerstruktur im Land wäre es "blamabel" gewesen, hätten es die NEOS dieses Mal nicht in den Landtag geschafft, sagte er.