Landesrat Johann Seitinger (62) lud am Donnerstagmittag (12 Uhr) gemeinsam mit Landeshauptmann Christopher Drexler zu einer "persönlichen Erklärung". Seitinger gab bekannt, mit der nächsten Landtagssitzung, am 17. Oktober, sein Amt zur Verfügung zu stellen. An diesem Tag soll auch sein Nachfolger oder seine Nachfolgerin gewählt werden. Diese steht noch nicht fest, da der Landesrat erst am späten Mittwochnachmittag seine Entscheidung, die Politik zu verlassen, traf. Der 62-Jährige leidet an einer schweren Erkrankung.

Johann Seitingers Rücktritts-Pressekonferenz

Am Donnerstagmittag gab Seitinger dazu ein kurzes Statement ab. Journalistenfragen waren nicht erlaubt."Ich möchte gleich zur Sache kommen. Es geht um sehr viel. Seit vier Monaten führe ich einen Kampf mit meiner Gesundheit. Der nicht einfach ist, aber durchaus gewonnen werden kann, vorausgesetzt man setzt die richtigen Prioritäten", sagte Seitinger. Die Ärzte raten ihm, daraus keine Lotterie zu machen. Er bat um Verständnis, nicht zu erzählen, "wo es derzeit zwickt". Daher bat er am Donnerstagvormittag Landeshauptmann Christopher Drexler, ihn der Verantwortung als Landesrat zu entbinden.

Applaus zum Abschied

Dankbar für 20 Jahre politische Arbeit

Es sei ein großartiges, aber für beide schweres Gespräch gewesen, da "wir ein gut eingeschweißtes Team waren". Er legt seine politischen Mandate mit der kommenden Landtagssitzung zurück, um sich darauf zu konzentrieren, wieder vollständig zu genesen, sagte Seitinger, umringt von seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die ihm mit Tränen in den Augen zur Seite standen. 

"Ich hätte mir noch so viel vorgenommen für die nächsten Jahre. Von der Belebung der Ortskerne bis hin zum Klimaschutz", sagte Seitinger, der seit 20 Jahren Landesrat war und sämtlichen Wegbegleitern mit stockender Stimme seine große Dankbarkeit ausdrückte.

"Unglaubliche Karriere"

Seitinger abschließend: "Fürchtet euch nicht, meine lieben Freunde. Ich gehe davon aus, dass die Welt auch ohne den Hans Seitinger in der Regierung auskommen wird."

Der Landeshauptmann lobte die "unglaubliche Karriere" von Seitinger. Er sei immer bodenständig, verantwortungsbewusst und manchmal "fast zu fleißig" gewesen. "Der Hans wird mir unglaublich abgehen in der Regierungsarbeit", so Drexler. Seitinger sei ein Kämpfer im politischen Sinne, aber auch, wenn es darum gehe, seine Gesundheit zurückzuerlangen.

Landesrat seit 2003

Seitinger sammelte seine ersten politischen Erfahrungen als Obmann der Landjugend. Er war zudem vier Jahre lang im Bezirksvorstand der Landjugend und vier Jahre Bauernbundobmann. In seiner Heimatgemeinde Frauenberg hatte Seitinger von 1999 bis 2003 das Amt des ÖVP-Ortsparteiobmanns inne. Er war sieben Jahre lang Gemeinderat, fünf Jahre Vizebürgermeister und übte danach von 1999 bis 2003 das Amt des Bürgermeisters aus. Auf Bezirksebene ist Seitinger seit 1990 Mitglied des Bezirksvorstands des Bauernbundes und seit 1999 Mitglied des ÖVP-Bezirksparteivorstandes.

Biographie

Seitinger war zwischen 2000 und 2005 Mitglied des Landesbauernbundvorstandes und übernahm 2003 das Amt des Obmanns der Landentwicklung Steiermark. Er ist zudem seit 2005 Obmann Stellvertreter des Steirischen Bauernbundes und seit 2007 Präsident des Vereins "Pferd Austria Club Steiermark".

2013 wurde er zum Obmann des Steirischen Bauernbundes gewählt. 2003 wurde er in die Steiermärkische Landesregierung gewählt, in der er die Ressorts Land- und Forstwirtschaft, Wasserwirtschaft, Wohnbau, Veterinär, Abfallwirtschaft, Nachhaltige Initiativen, Landschaftsschulbetriebe, Landesforste und landwirtschaftliches Versuchs- und Forschungswesen innehat. Bei den konstituierenden Sitzungen der Landtage nach den Landtagswahlen 2005 und 2010 wurde er als Landesrat wiedergewählt. Nach der Landtagswahl in der Steiermark 2015 bekam er noch das landwirtschaftliche Schulwesen und den Wohnbau dazu. 

Das ganze Video der Pressekonferenz

Reaktionen

Zum Rücktritt des 20 Jahre amtierenden steirischen Agrarlandesrat Hans Seitinger (ÖVP) gab es am Donnerstag durchwegs Anerkennung. Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig zollte seinem Parteifreund Respekt: "Hans Seitinger kann auf jahrzehntelange, erfolgreiche politische Arbeit in der Landesregierung zurückblicken." Man verstehe seinen Rückzug aus gesundheitlichen Gründen, wenngleich man dies sehr bedauere. Von den steirischen Grünen, der FPÖ und NEOS kam ebenfalls Lob.

Landwirtschaftsminister Totschnig lobte Seitinger als "stets verbindlich in seinen Ansagen, vorausschauend und kompetent in seinem Handeln und immer das Wohlbefinden der Bevölkerung, vor allem der Bäuerinnen und Bauern im Mittelpunkt, so kennt und schätzt man Hans Seitinger". Mit ihm habe die steirische Volkspartei zahlreiche Vorhaben für das Land und die steirischen Bäuerinnen und Bauern auf den Weg gebracht. Totschnig nannte dabei unter anderem die Forcierung des Holzbaus oder die Wasserwirtschaft in den Gemeinden. Er wünsche ihm gesundheitlich das Beste, so Totschnig.

"Hans Seitinger hat sich über Jahrzehnte in zahlreichen politischen Funktionen für die Interessen der Steiermark eingesetzt und dabei vieles für unser Bundesland erreicht. Die Zusammenarbeit mit ihm war stets von Sachlichkeit und großer Wertschätzung geprägt. Ich danke ihm herzlich für seinen Einsatz aber vor allem auch für seine Freundschaft. Ich wünsche Hans Seitinger eine rasche und vor allem vollständige Genesung und hoffe sehr, dass er bald wieder bei vollen Kräften ist“, hieß es von Landeshauptmannstellvertreter Anton Lang (SPÖ).

Bauernbund-Präsident Georg Strasser und Bauernbund-Direktor David Süß sprachen Seitinger in einer Aussendung ihren Dank aus: "20 Jahre lang hat Hans Seitinger bewiesen, dass er die Anliegen unserer Bauernfamilien kennt." Die steirische Landwirtschaftskammer nannte Seitinger einen "großen Agrarpolitiker, der das Herz am rechten Fleck hat", wie Präsident Franz Titschenbacher, Vizepräsidentin Maria Pein und Kammerdirektor Werner Brugner mitteilten. Er habe nicht nur vielen Bäuerinnen und Bauern, sondern auch der bäuerlichen Jugend durch sein Eintreten für ein vorbildliches land-, forst- und ernährungswirtschaftliches Schulwesen wichtige Perspektiven und Möglichkeiten eröffnet. Man wünsche ihm "auf dem Weg in die Gesundheit alles erdenklich Gute."

Der steirische FPÖ-Klubobmann Mario Kunasek zeigte sich vom Rücktritt sehr überrascht. "Ich wünsche Hans Seitinger viel Kraft und baldige Genesung. Persönlich hatten wir eine sehr gute Gesprächsebene, was in der heutigen Zeit nicht immer selbstverständlich ist. Er hat aufgrund seines bürgerlich orientierten Wertekanons immer einen guten Kontakt zur FPÖ gepflegt. Auch wenn wir nicht immer einer Meinung waren, hat er zweifelsohne Verdienste für Land und Leute erbracht, was wir als Oppositionspartei durchaus anerkennen."

Grünen-Klubobfrau Sandra Krautwaschl richtete Genesungswünsche an Seitinger: "Von Herzen alles Gute für seine Zukunft, vor allem, dass er schnell wieder gesund wird. Gute Besserung, lieber Hans." Auch wenn man in politischen Sachfragen oft anderer Meinung gewesen sei, werden die Grünen vor allem die gute persönliche Gesprächsebene mit Seitinger vermissen. Es habe von seiner Seite immer ein ehrliches Interesse am inhaltlichen Austausch gegeben, sagte Krautwaschl.

NEOS-Klubobmann Niko Swatek zollte der Entscheidung des Landesrates "großen Respekt. Ich wünsche ihm persönlich in dieser schwierigen Zeit alles Gute und danke für die konstruktive Zusammenarbeit in den letzten Jahren." KPÖ-Klubobfrau Claudia Klimt-Weithaler - derzeit selbst auf Rehabilitation - wünschte Landesrat Seitinger "persönlich alles Gute, viel Kraft, Zuversicht und eine vollständige Genesung."