"Das ist Kindergartenniveau." Wissen Sie noch, wer das gesagt hat?
ANTON LANG: Das war Hans Peter Doskozil, als unsere Parteivorsitzende etwas gegen ihn gesagt hat … Ich bleibe dabei: Solche Diskussionen schaden nur der Partei, bringen dem Einzelnen nichts und führt man hinter verschlossenen Türen. Sonst freuen sich nur Mitbewerber. Aber das ist Vergangenheit, unsere Aufgabe ist es, sozialdemokratische Politik machen.
Es gab nicht allein im Burgenland Streit: Der ehemalige Landespartei-Geschäftsführer, Bürgermeister Anton Vukan wurde aus der SPÖ ausgeschlossen. Hatten Sie seither Kontakt zu ihm?
Nein. Für mich ist das erledigt. Das geschah auf Basis der Statuten, der Ausschluss war zu vollziehen. Andere Bürgermeister verhalten sich Statuten-konform.
Was trauen Sie Spitzenkandidat Michael Ehmann bei der Gemeinderatswahl in Graz zu?
Ich bin optimistisch, dass wir das Ziel, einen Stadtratssitz, erreichen werden. Ehmann hat ein tolles Team, frische Kräfte und ein gutes Programm.
Er fordert den Gratiskindergarten, von dem sich die Landes-SPÖ längst verabschiedet hat …
Die Ideen der Grazer tragen sozialdemokratische Handschrift und sind mit mir abgesprochen. Es stimmt, auf Landesebene steht der Gratiskindergarten nicht im Regierungsprogramm. Man muss sich nach der Wahl anschauen, was alles umsetzbar ist und was nicht.
Zum Verkehr: Ministerin Leonore Gewessler hat den Ausbau der S 36 und A 9 infrage gestellt ...
Ich gehe davon aus, dass die S 36 bis Scheifling fertig gebaut wird. Das ist keine neue Transitstrecke nach Kärnten, sondern eine Entlastung für die Gemeinden an der Murtal Schnellstraße. Der Schwerverkehr muss über die Autobahnen laufen.
Und der dreispurige Ausbau der A 9 von Wildon nach Graz?
Dreispurig ist man zwar rascher in Graz, dort aber staut es sich erst wieder. Wir müssen den Verkehr klug aufteilen, mit Park+Ride mit ÖV-Anschluss an den Autobahnabfahrten – der Murpark ist das beste Beispiel. Um das innerstädtische Problem zu lösen, muss man den Großraum mitplanen. Wir konnten bereits mehr Menschen auf die S-Bahn und in die Regio-Busse bringen. Leider sind wegen Corona die Fahrgastzahlen rapide gesunken. Wir müssen zuerst die Fahrgäste zurückgewinnen.
Ist eine Metro das geeignete Mittel dafür?
Das ist jeder Ausbau, der den ÖV attraktiver macht. Die Experten müssen uns mal ihren Vorschlag zur Metro vorlegen, der umsetzbar ist - und finanzierbar. Egal ob Metro oder Mischsystem aus Tram und S-Bahn: Der Bund muss mit mindestens 50 Prozent dabei sein.
Der Bund zahlt das Klimaticket, wann folgt die regionale Karte?
Wir werden Mitte September wissen, wann wir es einführen – das ist eine technische Frage – und zu welchem Preis.
Ist der kolportierte Preis von 595 Euro pro Jahr korrekt?
Dazu werden Sie heute von mir keine Antwort erhalten.
Warum wird das Ticket in der Steiermark nicht 365 Euro kosten?
Mit dem Beitrag des Bundes (14 von 100 Millionen bundesweit, Anm.) sind solche Ticketpreise schlicht nicht möglich. Man kann die Steiermark nicht mit Vorarlberg vergleichen. Eher mit Oberösterreich, wo die Karte 695 Euro kosten soll. Und damit so ein Ticket gut angenommen wird, muss das Angebot noch weiter verbessert werden. Das kostet immens viel Geld.
Zieht die Wirtschaft denn nicht so kräftig an, wie man sagt?
Viele Branchen boomen wieder, aber bis die Ertragsanteile bei uns sind, dauert es. Vieles wurde von der Steiermark vorfinanziert, vom Bund kam noch wenig zurück. Wir rechnen daher weiter mit einer Einnahmen-Ausgaben-Lücke von etwa einer halben Milliarde. Sorgen bereitet mir, dass im Winter Corona-bedingt wieder nur ein eingeschränkter Tourismus möglich sein könnte. Das würde noch viele weitere Branchen treffen.
Wie sieht denn die Budget-Prognose für 2022 aus?
Wir müssen viel Geld für die Gesundheit und Pflege in die Hand nehmen. Wollen den Aufschwung mit Investitionen unterstützen. Im Verkehr werden wir – zwangsweise – viel Geld in Brücken-Sanierungen stecken. Wichtig ist mir der Radverkehr: Da sind 15 Millionen Euro für die Regionen reserviert, weitere fünf Millionen für Graz. In den nächsten fünf bis zehn Jahren entsteht da Großes.
Das hört sich nicht so an, als ob sie im Wahljahr 2024 aufhören?
(Lacht). Es macht mir Spaß, es geht viel weiter – und es gibt ein sehr gutes Miteinander mit der ÖVP. Mit LH Hermann Schützenhöfer und vor allem mit Landesrat Christopher Drexler, mit dem ich das Budget verhandle.
Sie hängen also nur eine Periode an, wenn Drexler neuer Landeshauptmann wird?
Das maße ich mir nicht an, zu sagen. Wir arbeiten in der Koalition gut zusammen.
Sie waren lange Umweltreferent: Ihre Nachfolgerin propagiert "mit vielen kleinen Schritten, Großes zu bewegen". Ist das 2021 zeitgemäß?
Ich bin da bei Uschi Lackner, mit vielen kleinen Maßnahmen wird etwas Großes bewegt. Das Land kann nicht in ein, zwei Jahren rückgängig machen, was hunderte Jahre negiert worden ist. Und was auch passiert: Es muss sozial verträglich sein. Ich habe schon die Sorge, dass die Maßnahmen vielen Menschen enorme Bürden auferlegen.
Wo genau?
Wenn wir sagen, wir müssen die E-Mobilität einführen: Da gibt es so gut wie keinen Gebrauchtwagenmarkt, man ist auf neue Autos angewiesen. Oder das Aus für fossile Brennstoffe: Das ist alles ist leicht gesagt, aber viele Haushalte können sich das nicht leisten. Das gehört gefördert und geht nicht von heute auf morgen. Die Energiewende muss für alle leistbar sein: Wenn der Diesel 1,80 Euro je Liter kostet, muss die Pendlerpauschale erhöht werden, damit die Leute in die Arbeit kommen.
Thomas Rossacher