Der steirische SPÖ-Chef und LHStv. Michael Schickhofer tritt nach dem im Wahlkampf angekündigten, aber verpassten "Schichtwechsel" zurück. Schickhofer zog die Konsequenz aus der Wahlniederlage, die der SPÖ einen historischen Tiefstand um die 23 Prozent bescherte. Das Verhältnis zur ÖVP war unkittbar zerrüttet, auch in der Partei dürfte nun letztlich der Rückhalt gefehlt haben.
Unter dem knapp 40 Jahre alten Schickhofer fuhr die SPÖ den geringsten Stimmenstand seit 1945 ein, die stärkste Position im Land von der Landtagswahl 2015 mit 29,29 Prozent war verloren. Die Hypothek, die Schickhofer von seinem Vorgänger und "Erfinder" Franz Voves mit der Übergabe des LH-Sessels an die ÖVP umhängte, war zu groß gewesen. Schickhofer und die SPÖ hatten sich über die ganze Legislaturperiode 2015 bis 2019 nicht aus dem ÖVP-Schatten lösen und auch das Voves-Erbe nicht bewahren können.
Versöhnungsgeste
Auch das Glaserl Wein, das Schickhofer mit Schützenhöfer vor einigen Tagen getrunken hatte, kam als Geste der Versöhnung nicht mehr durch - es hätte wohl eine Analogie zum berühmten "Glaserl" von Franz Voves 2010 sein sollen, bei dem dieser mit Schützenhöfer nach jahrelangen Streitereien und nach einer krachenden Wahlniederlage für beide Großparteien die "Reformpartnerschaft" aus SPÖ und ÖVP ausgehandelt hatte.
Von der vorgezogenen Neuwahl bei einer Delegationsreise in Russland überrascht, hatte Schickhofer erst seinem Ärger über die ÖVP und seinen früheren Koalitionspartner LH Hermann Schützenhöfer freien Lauf gelassen. Von "Wortbruch" und "fremdgehen mit der FPÖ" war die Rede gewesen. Erst in den letzten Wochen vor der Wahl besann er sich darauf, dass seine SPÖ ja nach der Wahl wahrscheinlich wieder mit der Volkspartei zusammenarbeiten werde müssen und wurde versöhnlicher. Am Wahlabend war Schickhofer in seiner SPÖ - zumindest in öffentlichen Äußerungen - noch weitgehend unbestritten, auch wenn sich kritische Stimmen zuletzt und auch in der Nacht nach der Wahl gemehrt hatten. Dies dürfte ihn - der zunächst ein Weitermachen ins Auge gefasst hatte - schließlich zum Umdenken bewogen haben.
Freundlich und korrekt
Im persönlichen Umgang war Schickhofer stets freundlich und korrekt, Interventionen bei Medien sind von ihm nicht bekannt. Der Oststeirer galt als fleißiger Arbeiter, fand in der politischen Auseinandersetzung aber oft nicht den richtigen Ton. Letztendlich dürfte ihm auch auf den Kopf gefallen sein, dass er - und auch weite Teile der Partei - zu lange in absoluter Koalitionstreue zur ÖVP verharrten - bis diese mit FPÖ und Grünen die Landtagswahl von Mai 2020 auf November vorzog.
Im Landtag und in der Regierung sah es einige Zeit nach 2015 so aus, als ob die Harmonie von Voves/Schützenhöfer weitergeführt werden könnte. Das Finanzressort gab Schickhofer im Sommer 2017 an Anton Lang ab. Seither kümmerte er sich um die verbliebenen Ressorts, jenes für Regionalentwicklung und um den Katastrophenschutz - um letzteren mit besonderer Hingabe. Seine öffentlichen Auftritte als Krisenmanager nach den starken Schneefällen im Jänner 2019 in der Obersteiermark machten erste öffentlich spürbare Dissonanzen mit LH Schützenhöfer deutlich. Schickhofer hatte zu Beginn der Legislaturperiode im Juni 2015 die Parole ausgegeben, mittelfristig sei es das Ziel, "die LH-Verantwortung wieder zu holen" - das wird nun ein anderer SPÖ-Chef anpeilen müssen.
Lebenslauf
Zur Person: Der aus der oststeirischen Industriestadt Weiz gebürtige, aber nun im nahen Anger wohnhafte Michael Schickhofer (geb. 20. Dezember 1979) hat nach der Matura 1998 ein Jahr lang Zivildienst geleistet und dann in Graz und Wien Betriebswirtschaft, Jus und Politikwissenschaft studiert. 1995 heuerte er bei Magna in Weiz an. 2005 wurde er Referent für Gemeinden- und Regionalentwicklung im Büro von Voves. 2010 bis 2013 saß er im Nationalrat, im Jänner 2013 kam er als Nachfolger von Elisabeth Grossmann in die Landesregierung und war für Bildung, Jugend und Familie zuständig. Mit Ehefrau Uli hat er zwei Buben und eine Tochter, die ihm nach eigenen Aussagen alles bedeuten.