Die Kurzbeschreibung könnte etwa so lauten: Die Kalchberggasse führt vom Amtshaus, zwischen 1902 und 1904 erbaut und für ein Verwaltungsgebäude vielleicht doch zu protzig ausgefallen, zum Marburger Kai an der Mur. Dass die Paula in diese Gegend drängt, weil sie im Joanneumsviertel von der Chefin des Café Oho zu gerne Streicheleinheiten abholt, sei nebenbei erwähnt. Die Kalchberggasse hat es aber doch in sich und sie verdient eine längere Verweildauer.

Paula schätzt das Revier rund ums Joanneum sehr
Paula schätzt das Revier rund ums Joanneum sehr © Juergen Fuchs

Schauen wir uns einmal an, warum sie überhaupt so heißt, die Kalchberggasse. Wer könnte auch besser darüber Auskunft geben als unser Stadthistoriker Karl Kubinzky, der eine nachbarschaftliche Beziehung zu dieser Gasse pflegt: "Sie wurde 1885 nach Johann Ritter von Kalchberg benannt, einem Schriftsteller, Historiker und Mitbegründer des Joanneums." Übrigens, auch ein anderer Kalchberg schrieb Geschichte, nämlich Wilhelm Freiherr von Kalchberg, der letzte militärische Kommandant des Schloßberges (als Eigenname wird der noch immer mit "ß", nicht mit "ss" geschrieben) zu Graz von 1851 bis 1857. "Hier ruht mit der ganzen Welt im Frieden ...", liest man auf dem Grabstein auf dem St. Peter Stadtfriedhof.

Zurück in die Innenstadt. "Die Kalchberggasse hat zwei Teile", erläutert Kubinzky, "der eine, dort beim Joanneum, war zuvor der Botanische Garten, der andere der Neutorplatz vor dem Neutor, der Neutorbastei mit dem Merangarten darauf."

Als es im Grazer Zentrum noch sehr viel Grün gab
Als es im Grazer Zentrum noch sehr viel Grün gab © Kubinzky

700.000 Bücher sind in den Regalen des Wissensspeichers

Im Eckhaus zur Raubergasse befand sich einst eine Weinstube, dann ein Elektrohandel, mittlerweile kehrte der Wein zurück. Gegenüber befindet sich auf Nummer 2 eine große Institution, die Namensgeber Kalchberg finanziell förderte: die 1811 von Erzherzog Johann begründete Landesbibliothek, die größte Landesbibliothek von Österreich, nach der Universitätsbibliothek die zweitgrößte Bibliothek in Graz. Deren Direktorin Katharina Kocher-Lichem versorgt uns dazu mit einigen Daten: Die Landesbibliothek weist 700.000 Bücher auf, mit Drucken, Grafiken, Zeitschriften und E-Books sind es 900.000 Medien. Das älteste Werk in diesem Bestand ist das "Blockbuch" aus dem Jahr 1460. 2756 Steirerinnen und Steirer nutzen derzeit die Landesbibliothek, im Vorjahr verzeichnete man 117.417 Entlehnungen. Ein bisserl geht noch, und eine Bekanntschaft mit dieser großen Welt der Bücher einzugehen, ist durchaus empfehlenswert.

Der moderne Zugang zur Welt der alten Bücher
Der moderne Zugang zur Welt der alten Bücher © Juergen Fuchs

Nach diesem wichtigen Halt weiter in der Gasse: vorbei am ehemals prunkvollen Eingangstor zum Joanneumsviertel, das wir uns zu einem späteren Zeitpunkt ergehen werden, von dem nur Reste erhalten blieben. Gegenüber die Häuser mit schlichten Fassaden. In der Kalchberggasse schlugen Bomben ein, welche die Flakstellung auf dem Stadtwerke-Gebäude auf dem Andreas-Hofer-Platz treffen sollten.

Der Justizpalast nach Bombentreffern
Der Justizpalast nach Bombentreffern © Kubinzky

Das Eckhaus zur Neutorgasse, früher Sitz der Versicherung Janus, präsentiert sich heute schlichter, an der Ecke schräg gegenüber trafen sich im damaligen Café Postillion, noch früher das Café Post, gerne Juristen. Nur wenige Schritte entfernt hält Justitia im Justizpalast Hof. Im seinerzeitigen Hauptpostamt musste der Postfuchs längst zu einem guten Teil Studentenwohnungen Platz machen. "Beim Eingang Kalchberggasse gab es rund um die Uhr einen Postdienst", merkt der Stadthistoriker an.

Die Belegschaft des Café Post
Die Belegschaft des Café Post © Kubinzky
Das Café Post im Inneren
Das Café Post im Inneren © Kubinzky

Die Kalchberggasse zählt zu jenen Gassen, die sich mit der neuen Zeit arrangierten und doch noch den Hauch und den Reiz des Alten bewahren konnte. Schauen Sie sich das einfach einmal an.