Nach dem Endergebnis der Grazer Gemeinderatswahl haben am Dienstag die Gespräche innerhalb der Parteien über die eher bescheidenen Koalitionsvarianten begonnen. FPÖ-Chef Mario Eustacchio stellte fixe Forderungen, die Grünen blieben eher vage und die SPÖ sieht im Votum überhaupt keinen Regierungsauftrag der Wähler an sie.

Wohnressort gefordert

FPÖ-Stadtrat Eustacchio, zuletzt zuständig für Verkehr, brachte sich am Dienstag als Koalitionspartner für Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) ins Spiel, stellte aber fixe Forderungen: "Der Österreicher-Bonus im sozialen Wohnbau ist für uns Pflicht." Außerdem will er für die Freiheitlichen das Wohnressort. Dieses ist aber seit Jahren fest in der Hand der KPÖ. Kein Wunder, dass die Kommunisten das Ressort nicht hergeben wollen.

Eustacchio störe es aber, dass die Kommunisten "so tun, als ob sie selbst die Wohnungen gebaut haben", sagte er im APA-Gespräch. Abgesehen von diesen beiden "fixen Forderungen" für eine mögliche schwarz-blaue Koalition müsse sich die FPÖ in einer Übereinkunft wiederfinden: "Wir können nicht von unseren Positionen abgehen. Es muss eine freiheitliche Handschrift geben", betonte der Stadtrat.

Bei anderen Themen, meinte Eustacchio, könne man sich mit der ÖVP leichter einigen. Termine für Verhandlungsgespräche stünden noch nicht fest. Erst am Donnerstag werde sich das blaue Wahlkampfteam zur Analyse treffen.

Eine mögliche Dreier-Variante von ÖVP, Grünen und SPÖ hält Eustacchio für schwierig, wegen der "unterschiedlichen ideologischen Einstellungen". Medienberichte, wonach der blaue Spitzenmann - der angeblich mit Nagl nicht gut kann - von einem Neuen abgelöst wird, wischte Eustacchio vom Tisch: "Das ist Schwachsinn." Sein Amt stehe in keiner Weise zur Disposition.

SPÖ fehlten 155 Stimmen

SPÖ-Chef Michael Ehmann, der sich am Dienstag noch nicht vom Schock des Wahlausgangs erholt hatte, sprach von den "politisch schlimmsten Tagen" seines Lebens. Lichtblick sei aber der Zuspruch, den er vor allem innerhalb der Partei erfahren habe: "Ich bekam ziemlich freie Hand, beim Neu-Aufstellen der Partei. Das gab es bisher noch nie." Bitter sei, dass es sich nur wegen 155 Stimmen nicht für den Stadtsenats-Sitz ausging.

Nun sei alles offen: Ehmann will intern besprechen, welche Optionen möglich sind. Die Variante Schwarz-Grün-Rot schloss er nicht aus: "Ich will keine Türen schließen, aber mit zehn Prozent und ohne Stadtsenats-Sitz hat man keinen Regierungsauftrag."

Er wolle vorsichtig sein in dieser schwierigen Situation, sagte Ehmann: "Ich will nicht als Anhängsel dastehen." Verantwortung zu übernehmen sei zwar wichtig, aber er habe vom Wähler ein anderes Signal empfangen, "und wenn man das nicht ernst nimmt, wird man nicht belohnt". Der Auftrag sei es nun, die Partei neu aufzustellen.

Die Variante einer Koalition zwischen ÖVP und KPÖ hält Ehmann unter allen möglichen als die "unrealistischste". Schon eher könnte es zu Schwarz-Blau kommen: "Freuen würde mich das nicht." Deshalb wolle die SPÖ bei den eigenen Überlegungen über eine mögliche Arbeitsübereinkunft mit Nagl auch einkalkulieren, Schwarz-Blau zu verhindern.

Sein Parteichef Michael Schickhofer hält vom Taktieren wenig. Er forderte am Dienstag via ORF von seinen Grazer Genossen "kantige Oppositionspolitik".  Übersetzt: Kein Deal mit Nagl.

Reden über Murkraftwerk

Grünen-Frontfrau Tina Wirnsberger will unterdessen Schwarz-Blau verhindern, aber auch nicht um jeden Preis: "Die Inhalte müssen stimmen", meinte sie angesprochen auf eine mögliche Zusammenarbeit mit ÖVP und SPÖ. Konkrete Forderungen wolle sie nicht über die Medien ausrichten, aber über das Murkraftwerk und den Speicherkanal müsse man mit Nagl jedenfalls noch reden: "Ein umweltfreundliches Graz und soziale Gerechtigkeit sind uns wichtig."

Für die Dreier-Variante mit ÖVP und SPÖ seien die Grünen gesprächsbereit, wobei Wirnsberger der Titel der Vizebürgermeisterin nicht wichtig sei: "Ich bin nicht wegen der Ämter in der Politik, sondern weil ich in Graz etwas gestalten will und für die Umwelt kämpfe."

Sie hinterfragte, warum Gespräche zwischen ÖVP und KPÖ offenbar gar kein Thema sind, denn immerhin hätten die beiden Parteien den "deutlichsten Auftrag" bekommen, Verantwortung zu übernehmen.

(APA)