Egal, welche Koalitionen sich nun bilden, an der KPÖ kommt man kaum vorbei. Kahr war es schon 2012 gelungen, aus dem Schatten des über Österreich hinaus bekannt geworden früheren Stadtparteichefs Ernest Kaltenegger heraus zu treten und an das Sensationsergebnis von 2003 anzuschließen - mit den für die steirischen Kommunisten typischen Eigenschaften: nachvollziehbares soziales Engagement, Fleiß, Bescheidenheit, Spenden eines Teil des eigenen Gehalts für gute Zwecke ("Tag der offenen Konten" immer am 28. Dezember jedes Jahres, Anm.) und einer jahrelangen Beharrlichkeit bei bestimmten Themen wie Sozialcard oder Kautionsfonds.

Dabei musste Kahr als Kaltenegger-Nachfolgerin 2008 erst einmal einen Absturz von 20,8 auf 11,2 Prozent verkraften, aus dem ein Verlust von sechs Mandaten und einem Stadtsenatssitz resultierte. 2012 war es wieder anders: Die KPÖ legte wieder um 8,68 Prozentpunkte zu und erreichte mit 19,86 Prozent fast das Ergebnis von 2003, mit einem Stadtsenatssitz und zehn Gemeinderäten - und Platz 2 vor der SPÖ.

Integer und unaufgeregt

Die KPÖ-Spitzenkandidatin gilt als persönlich integer, unaufgeregt, engagiert und in Sozial- und Wohnfragen kompetent. Politische Eitelkeit ist ihr fremd: "Natürlich bin ich stolz, dass ich Vizebürgermeisterin bin. Aber das ist nicht der Grund, warum ich in der Politik bin", sagte sie in einem APA-Interview.

Im Herbst 2014 gab es noch Lob von Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP), als die KPÖ die so oft geforderte Gesamtverantwortung zeigte und das Budget 2015/2016 mit ÖVP und SPÖ mittrug - anstelle des ausgestiegenen Partners FPÖ bzw. der Grünen. Als im Herbst 2016 genau jene Situation eintrat, die die KPÖ 2014 noch verhindern geholfen hatte, setzte es Vorwürfe en masse seitens Nagls. Die Ablehnung des Murkraftwerks Puntigam, das Beharren auf einer diesbezüglichen Volksbefragung und die Skepsis gegenüber dem Speicherkanal als Beiprojekt hatte das Scheitern der Budgetgespräche im Oktober 2016 - und die Neuwahl ein Jahr vor der Zeit - begründet.

Die im Alter von drei Jahren adoptierte Grazerin Kahr (geb. 2.11.1961) war als Sekretärin in der Kontrollbank beschäftigt, machte nebenbei die Abendhandelsakademie und ist seit 25 Jahren Parteimitglied. Die Grazerin lebt seit 1988 in einer Lebensgemeinschaft mit dem früheren KPÖ-Landesparteivorsitzenden Franz-Stephan Parteder und hat einen erwachsenen Sohn. In den Gemeinderat zog Kahr 1993 ein, 1998 übernahm sie die Führung im KPÖ-Klub. In den Jahren 2003 bis 2004 bekleidete sie den Posten einer stellvertretenden Bundesvorsitzenden der KPÖ.