In der Hitliste der Straßen, über die Graz seit Jahrzehnten am meisten diskutiert, hat die Annenstraße gute Chancen auf den Spitzenplatz. 2013 wurde sie grundlegend umgestaltet. Groß war damals die Aufregung über den Verlust von Parkplätzen und die Zurückdrängung des Autoverkehrs. Zwischen Bahnhofgürtel und Roseggerhaus ist die Annenstraße seither für Autos nur stadteinwärts zu befahren. Gehsteige wurden verbreitert. So etwas wie Aufenthaltsqualität will sich mit Ausnahme des Esperantoplatzes bis heute aber nicht einstellen. Leerstehende Geschäfte und heruntergekommene Häuser sorgen neben namhaften Neuzugängen und frisch sanierten Gebäuden für einen tristen Eindruck und für Gesprächsstoff.
Neue Verkehrslösung stadteinwärts
Mit neuen Plänen für die Annenstraße lässt nun Vizebürgermeisterin und Verkehrsstadträtin Judith Schwentner (Grüne) aufhorchen. Schon im August sollen sie umgesetzt werden. Stadtauswärts bleibt alles beim Alten. Der Platz, der für den stadteinwärts führenden Verkehr zur Verfügung steht, soll zwischen Eggenberger Gürtel und Roseggerhaus neu verteilt werden. Die Situation jetzt: Neben dem Gehsteig gibt es eine Fahrspur für Autos, auf der auch Radler unterwegs sind, in der Mitte folgt der Gleiskörper für die Straßenbahn. Das führt bei den Haltestellen immer wieder zu Konflikten.
Fahrzeuge, die an der Straßenbahn vorbeifahren oder vor den Türen halten, sorgen für unangenehme bis gefährliche Situationen. Die Holding Graz hat deshalb laut Schwentner angeregt, den Autoverkehr auf den Gleiskörper zu verlagern. Auf der drei Meter breiten Spur, die bisher den Autos vorbehalten war, ist ein 1,75 Meter breiter Radweg geplant. Der Rest wird der Gehsteigzone zugeschlagen und unterschiedlich genutzt.
Mehr Aufenthaltsqualität
Punktuell werden Pflanztröge aufgestellt, die mit Sitzmöbeln kombiniert werden. "Man kennt das vom Abschnitt zwischen Lendplatz und Mariahilferplatz, wo der öffentliche Raum merklich aufgewertet wurde", erklärt Stadtbaudirektor Bertram Werle. Bäume können aufgrund der unterirdischen Leitungen am Rand der Annenstraße nicht gepflanzt werden. Im Bereich der Haltestellen macht der Radweg einen langgezogenen Schwenk zum Fahrbahnrand, damit Bim-Fahrgäste genug Platz haben, um sicher aus- und einzusteigen.
"Mit der Umgestaltung möchte ich die Annenstraße für die Grazer und Grazerinnen wieder lebenswert und attraktiv machen", erklärt Schwentner. "Es ist eine Lösung, die Vorteile für Fußgänger und Radfahrer bringt, ohne Nachteile für den Autoverkehr und den öffentlichen Verkehr", betont auch Werle. Profitieren sollen von der Lösung auch Gewerbetreibende und die ansässige Gastronomie. Im Bereich vor dem Hotel 3 Raben entsteht eine neue Ladezone, für Gastgärten ist mehr Platz. Dass die Bim durch Autos ausgebremst werde, sei aufgrund des geringen Verkehrsaufkommens nicht zu befürchten, betont man. Kosten wird die Umgestaltung 400.000 Euro, sie kommen aus dem Budget der eingebundenen Fachabteilungen – Stadtplanungsamt, Straßenamt und Abteilung für Verkehrsplanung.
Zweiter Abschnitt geplant
Und es wird nicht das letzte Mal sein, dass man an der Verkehrslösung und der Gestaltung in der Annenstraße dreht. Schwentner kündigt schon heute an: "Den ersten Abschnitt von Bahnhofgürtel bis Roseggerhaus setzen wir bereits in diesem Sommer um. Im Zuge der Innenstadtentlastung und der neuen Straßenbahnstrecke über die Tegetthoffbrücke und die Vorbeckgasse zur Annenstraße möchte ich dann in einem nächsten Schritt den unteren Teil der Annenstraße neu gestalten."