Gleich vorneweg: Mit Graz hat der Name natürlich rein gar nichts zu tun. In der englischen Sprache ist ein "Grazer" (von "to graze", grasen) ein Weidegänger, also ein Tier, das sich hauptsächlich von Pflanzen ernährt. Wie die Braunbärin mit der Kennzahl 128 aus dem Katmai-Nationalpark in Alaska zu diesem Namen gekommen ist, ist unklar, denn "Grazer" schien beim Lachsfressen besonders erfolgreich gewesen sein, die Ranger lobten sie als geschickte Anglerin.
Jedenfalls hat "Grazer" als frisch gekürte "Queen" beim diesjährigen "Fat Bear"-Wettbewerb in Alaska mit ihren kolossalen Kurven gesiegt. Grazer setzte sich der Kür zum fettesten Pelztier des Katmai-Nationalparks gegen das imposante Männchen 32 Chunk (auf Deutsch "Klotz") durch.
Das "gefräßige Mädchen" habe den "Kerl mit der Wampe" ausgestochen, schrieb die Parkverwaltung im nördlichsten US-Staat am Dienstagabend (Ortszeit) auf Instagram. "Lang lebe die Queen!" Sie sahnte deutlich mehr Stimmen (über 108.000) als ihr Rivale mit rund 23.000 Stimmen ab.
Zwölf Bären im Rennen um Titel
Zwölf Braunbären waren in dem Nationalpark eine Woche lang um den kuriosen Titel im Rennen gewesen. Nach sechs Wahlrunden standen sich im Finale am Dienstag nur noch diese zwei Mitstreiter gegenüber.
Fast 1,4 Millionen Stimmen gingen aus aller Welt ein - eine Rekordzahl, teilten die Ranger mit. Online konnten Bären-Fans die Kandidaten auf Webcams beim Lachsfang beobachten, Vorher-Nachher-Fotos anschauen und für ihre Favoriten stimmen. Im Frühjahr sind die Bären noch mager, bis zum Herbst müssen sie Fettreserven anlegen, um dann die monatelange Winterruhe ohne Nahrung zu überstehen. Dabei können sie ein Drittel ihres Körpergewichts verlieren.
Eine "Queen" mit 320 Kilo
Grazers Körperfülle wurde auf gut 320 Kilogramm geschätzt. Chunk soll mit seinem wuchtigen Hinterteil rund 550 Kilo auf die Waage bringen. Doch nicht nur das geschätzte Endgewicht gibt den Ausschlag, auch andere Faktoren, wie Fressverhalten und Temperament, wiegen schwer. Bären-Fans legten sich mit Kommentaren für ihre Lieblinge ins Zeug. "Chunks Bauch hängt tiefer als seine Knie", witzelte ein Nutzer. "Ich liebe dich, Grazer, und alle Bären, die nicht fett genug waren, um zu gewinnen", schrieb ein anderer Fan auf der Park-Webseite.
Im vorigen Jahr hatte der mächtige Bär 747 mit dem Spitznamen Jumbo Jet die meisten Fans. Doch diesmal war er im Laufe der "Fat Bear"-Woche rausgeflogen, ebenso blieben Jungbär 806 Spring Cub mit dem Spitznamen Pummeliger Prinz, der alte Otis oder die üppige Holly auf der Strecke.
Wettbewerb zum neunten Mal
Der Katmai-Park richtete die "Fat Bear Week" bereits zum neunten Mal aus. Der Wettbewerb soll über das Ökosystem und den Lebensraum der über 2000 Braunbären in der Region informieren und auf Gefahren für die Tiere hinzuweisen. Die Wasserfälle des Brooks-Flusses sind ein kalorienreiches Buffet, an dem die Pelzriesen von Juni bis Oktober Lachse fangen. Es wäre eine Katastrophe, wenn etwa in Folge des Klimawandels die Lachsschwärme abnähmen, erzählen die Ranger.
Chunk und Grazer gehen nach Einschätzung der Parkhüter mit guten Fettreserven in den Winter. Weibchen Grazer habe in diesem Jahr keinen Nachwuchs gehabt und konnte daher ihre ganze Energie für das eigene Anspecken nutzen. Der 18 Jahre alte Chunk, mit einer auffälligen Narbe auf der Schnauze, zählt aus Sicht der Ranger zu den dominantesten Bären in dem Revier. Einen Sieger-Preis, etwa eine Portion Lachs, gibt es nicht. Eine gute Winterruhe ist die Belohnung.