In den Meldungen über den überraschenden Tod von Wolfgang Pucher (84) gesellte sich allerorts zur Trauer auch rasch die Frage, was vom Wirken des Grazer Armenpfarrers bleibt. Wie sehr sein Leben und seine Arbeit, das er in den Dienst der Vinzenzgemeinschaft gestellt hatte, von Nachhaltigkeit bestimmt sind. Was aber, wenn wir diese Frage umdrehen? Und nicht wissen wollen, ob Puchers Wirken bleibt – sondern was jede und jeder von uns tun kann, damit das Echo möglichst groß ist?

Mit diesem Gedanken rannte die Kleine Zeitung bei Amrita Böker offene Türen ein: Die Koordinatorin der VinziWerke legte eine Liste an Punkten vor, die sie als Einladung zur Mitarbeit versteht – aber auch als Hilferuf, weil man schlichtweg auf Hilfe von außen angewiesen sei. Also unterteilt Böker ihre Wunschliste in drei große Punkte: Spenden, Gesellschaft und Politik. Erstere sind naturgemäß monetärer Natur, "zu 70 Prozent leben wir von der finanziellen Hilfe durch Privatpersonen oder Unternehmen". Doch darüber hinaus lebt die Vinzenzgemeinschaft auch von "Zeitspenden" – und vom freiwilligen Engagement von rund 600 Steirerinnen und Steirern. Dieses möge hoffentlich auch in Zukunft gedeihen, "denn ohne diese Unterstützung könnten wir nicht überleben", weiß Böker. Gerade die verschiedensten Nacht- und Wochenenddienste werden von Ehrenamtlichen geschupft. Darüber hinaus könne man nicht nur verschiedenste Sachspenden für die Vinzimärkte gebrauchen – von Lebensmitteln bis zu Kleidung. "Auch Wissensspenden sind herzlich willkommen. Beispielsweise hat sich eines Tages ein pensionierter Immobilienexperte bei uns gemeldet, der meinte, wenn wir in diesem Bereich Hilfe brauchen, sollen wir uns einfach melden."

Bei Punkt zwei wird es eine Spur allgemeiner, philosophischer – aber nicht minder wichtig. "Hinschauen statt wegschauen, das war immer das Motto von Wolfgang Pucher. Also braucht es Solidarität und Zivilcourage und Empathie in der Gesellschaft, vielleicht mehr denn je." Das reicht aus Bökers Sicht von der simplen Frage, ob man jemandem helfen könne, bis zur Teilnahme an Demonstrationen. "Und es geht darum, Leute nicht abzustempeln. Jeder von uns kann durch verschiedenste Umstände in eine absolute Notlage geraten, sei es durch Krankheit oder Arbeitslosigkeit. Zu unserer Klientel zählte beispielsweise auch schon ein ehemaliger Bankdirektor. Überhaupt hatten wir praktisch schon Vertreter jeder Berufssparte bei uns."

Schließlich kommt die Vinzi-Koordinatorin auf die Politik zu sprechen. Der sie grundsätzlich enorm dankbar ist, "30 Prozent unserer Kosten werden von der öffentlichen Hand abgedeckt". Diese strecke man auch weiterhin aus, betonte erst dieser Tage die Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr. "Die Stadt Graz wird den VinziWerken weiterhin ein verlässlicher Partner sein." Weil man aber unter Partnern auf Augenhöhe und in aller Ehrlichkeit miteinander kommunizieren kann, hätte da Böker nichtsdestotrotz ein paar dringende Wünsche: "Und zwar auch als Sprachrohr für Betroffene, so sehen wir uns ja. Also ist es ganz wichtig, dass die Politik zum einen leistbares Wohnen ermöglicht. Wir erleben es seit Wochen und Monaten, dass das Aufbringen der Miete vielfach existenzbedrohend ist. Und Menschen an den Rand ihrer Möglichkeiten bringt."

Pflege und Frauenarmut

Der Dauerbrenner namens Pflege ist auch bei den VinziWerken eine seit Langem offene Wunde. "Es muss sichergestellt sein, dass Menschen in Würde altern können." Derzeit komme es immer wieder vor, dass Bettlägerige zwischen Krankenhaus und VinziWerken gleichsam hin- und hergeschoben werden. Die Personalsituation in den Spitälern ist bekanntlich prekär, "aber auch wir haben schlicht nicht die Ressourcen, um eine adäquate Pflege anbieten zu können", so Böker.
Nicht zuletzt legt sie der Politik ans Herz, "die Frauenarmut mit allem Nachdruck zu bekämpfen". Karenzzeiten, die Pflege von Angehörigen, das Alleinerziehen der Kinder – das weibliche Abrutschen in die Armut habe viele Gründe. "Und das muss endlich enttabuisiert werden!".