Der Prozess gegen eine Zahnärztin aus der Steiermark, die sich unter anderem wegen des Verdachts der schweren Körperverletzung und wegen schweren gewerbsmäßigen Betrugs in Graz verantworten muss, ist am Montag im Straflandesgericht fortgesetzt worden. Es wurden weitere Zeugen gehört, darunter auch eine Patientin, die wegen der Behandlung bei der Angeklagten noch immer über Schmerzen klagt.
Die Beschuldigte soll laut Anklage von 2014 bis 2020 bei mehr als einem Dutzend Patientinnen und Patienten nicht unbedingt notwendige Zahnbehandlungen durchgeführt haben. Abgesehen von unnötigen Schmerzen, soll für die Patienten ein Schaden von mehr als 80.000 Euro entstanden sein. Die Angeklagte wies die Vorwürfe bisher zurück.
14.000 Euro für eine Behandlung
Diesmal wurde eine Unteroffizierin gehört, die Patientin bei der Beschuldigten war. Sie gab an, dass sie eigentlich nur für einen Kontrolltermin bei der Zahnärztin war: "Sie sagte mir, ich hätte Kariesbefall, aber ich konnte mir das nicht vorstellen." Sie habe keine Beschwerden gehabt, meinte die Zeugin zu Richterin Michaela Lapanje.
Die Medizinerin habe der Patientin dann einen umfassenden Heilkostenplan für den linken Oberkiefer vorgelegt und die Behandlungstermine geplant: "Wurde über den Plan gesprochen?", fragte die Richterin. "Grundsätzlich nein", meinte die Zeugin. Sie habe nicht gewusst, wie es mit den Behandlungen weitergehe. Es folgten dann auch noch der rechte Oberkiefer sowie beide Unterkieferhälften. Insgesamt kostete die Behandlung rund 14.000 Euro. "Hätte ich gewusst, dass die Behandlung so massiv ausfällt, hätte ich sie nie machen lassen", sagte die Patientin.
Sie habe der Ärztin vertraut und deshalb keine Zweitmeinung eingeholt. Trotz der starken Empfindlichkeit gegen Kälte und extremer Schmerzen nach der Behandlung habe sie damals während der Ausbildung beim Bundesheer keine Schmerzmittel nehmen können. Die Kalt-Warm-Empfindlichkeit bestehe weiter, sie habe deshalb dienstlich bereits den dritten Zahnarzt aufgesucht und fürchtet, ihren Beruf als Flugsanitäterin nicht auf Dauer ausüben zu können.
Befragt wurden auch Fachkollegen. Ein Kieferorthopäde, der zwei ihrer Patienten ebenfalls behandelt hat, bestritt, bei so einer Gelegenheit gesagt zu haben, dass die Angeklagte "gerne Zähne reißt". Erstens vermeide er diese Formulierung, zweitens kritisiere er grundsätzlichen Kollegen nicht vor Patienten.
Eine Diplomkrankenschester, die der Angeklagten bei Operationen assistiert hat, hat nur Positives zu sagen: Aus ihrer Sicht waren alle diese Operationen notwendig. Die Angeklagte sei anders als andere Ärzte, "weil sie ihre früheren Erfahrungen aus dem Pflegebereich einsetzt. Sie hat die Patienten ganzheitlich gesehen und als Personen wahrgenommen."
Vertagung am Nachmittag
Der Sachverständige versuchte, die Argumentation der Angeklagten, warum ihre Behandlungen bezüglich Kariesbehandlung, Extraktion von Zähnen, Knochenaufbau und Implantatsetzung im Einzelnen notwendig und richtig waren, wissenschaftlich zu widerlegen. Von den ursprünglich in der Anklage stehenden Maßnahmen hält er einige allerdings für "nachvollziehbar" und "argumentierbar", manches erschließe sich ihm aber nicht. Und einiges kann er nicht nachvollziehen, weil Behandlungsschritte schlicht nicht dokumentiert seien. Er räumt aber ein: "Das Gesetz sagt, dass wir zu dokumentieren haben, aber nicht, was wir im Einzelnen zu dokumentieren haben."
Im brütend heißen Verhandlungssaal wird die Diskussion zwischen Verteidigung und dem Vertreter der Geschädigten fallweise hitzig. Der Prozess muss schließlich am Nachmittag vertagt werden.