Den Tod ihrer Mutter musste Bettina Bayoumi kürzlich verkraften. Dazu kam eine unliebsame Überraschung: Die Verstorbene hatte zu Lebzeiten verfügt, dass sie ihren Körper dem Lehrstuhl für makroskopische und klinische Anatomie der Med Uni Graz zur Verfügung stellt. Nach dem Tod der 72-Jährigen lehnte die Med Uni ihre Körperspende jetzt aber ab. "Man hat mir gesagt, dass das an ihrem starken Übergewicht liegt", erzählt Bayoumi. Die Grazerin ist enttäuscht, dass der letzte Wille ihrer Mutter nicht erfüllt wird. Dazu kommt, dass die Familie keine finanziellen Vorkehrungen für ein Begräbnis getroffen hat.
Nicht jede Spende wird angenommen
"Das ist natürlich eine Katastrophe für Angehörige, die ja gedacht haben, es ist alles geregelt", räumt Niels Hammer ein. Neu ist es allerdings nicht, dass Spenden trotz deponierter Verfügung letztendlich abgelehnt werden, wie der Leiter der Anatomie an der Med Uni unterstreicht. Nicht infrage kommen etwa Menschen, deren Körper starke Verletzungen aufweisen, seit der Pandemie auch Covid-Infizierte. "Bei Adipositas haben wir unter anderem das Problem, dass der Zustand der Gefäße meist schwierig ist. Die Haltbarmachung des Körpers durch entsprechende Chemikalien ist dann schwer möglich", versucht Hammer die Beweggründe im aktuellen Fall zu erklären. Warum die 72-jährige Grazerin eine Verfügung hinterlegen konnte, obwohl sie immer stark übergewichtig war, lässt sich nicht klären.
Mehr Sicherheit, aber auch höhere Kosten
Ähnliche Fälle soll es in Zukunft nicht mehr geben. Dafür sorgen neue Regeln, die man an der Med Uni seit April umsetzt. "Statt einer Verfügung, also einer Art letztem Willen, gibt es nun einen Vertrag, der Rechtssicherheit schafft", unterstreicht Hammer. Die Anatomie verpflichtet sich darin, den Leichnam eines Körperspenders auf jeden Fall zu übernehmen. Kann er nicht, wie geplant, für Forschung und Lehre eingesetzt werden, wird er kremiert und am Waldfriedhof Tobelbad beigesetzt. Mehr Sicherheit für Spender heißt aber auch: mehr Kosten. 1400 Euro bezahlt nun, wer sich nach dem Tod der Wissenschaft zur Verfügung stellt. Bisher fielen lediglich die Kosten für die Überführung an. Bei alten Verfügungen bleibt alles wie ursprünglich vereinbart, außer man entscheidet sich für das neue Modell.
Würdigung für Spender
Die zur Verfügung gestellten Leichname werden in der Ausbildung von (zukünftigen) Ärzten und in der Forschung eingesetzt. "Es kommen auch internationale Experten nach Graz, um am Präparat neue Operationstechniken zu üben", erklärt Hammer. Um die Spender zu würdigen, hat er im Vorjahr eine Gedenkfeier initiiert. Sie wird von Studierenden gestaltet und fand diese Woche zum zweiten Mal statt.