Es war ein aufgelegter Elfmeter: Die gesamte politische Spitze der Stadt Graz von Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ) abwärts gratulierte den Sturm-Kickern im Rathaus zum souveränen Cuptriumph, als die Spieler einen Sprechchor anstimmten: "Neues Stadion, neues Stadion!" Sturm-Präsident Christian Jauk verstärkte das kurz darauf und rief dieselbe Forderung vom Rathaus-Balkon den rund 10.000 Fans entgegen.

Der Fußballverein Sturm ging also auch abseits des Platzes in die Offensive und machte die Frage "Braucht Graz ein zweites Fußballstadion?" wieder zum Thema. Sturm drängt seit 2019 auf eine eigene Heimstätte. Der Jauk-Plan: Die Schwarzen übernehmen das Stadion in Liebenau von der Stadt, der GAK bekommt im Gegenzug ebenfalls ein eigenes, kleineres Stadion.

Die Dreierkoalition im Rathaus hat sich für ein zweites Stadion ausgesprochen

Die Landes- und Stadtpolitik hat seitdem mehrfach versucht, das Stadionmatch abzupfeifen und die "Ein-Stadion-zwei-Vereine"-Variante zu verteidigen. Die aktuelle Rathaus-Koalition hat im März 2023 einen Kurswechsel vorgenommen: Ein zweites Stadion ist das Ziel, ließen KPÖ, Grüne und SPÖ nach einem Stadiongipfel verlautet. "Wir sind da mitten in einem Prozess", so SPÖ-Klubchef Michael Ehmann. Und den verfolge man Schritt für Schritt weiter.

Schritt eins: Standortsuche. Die Stadt prüft gerade im Detail vier Flächen, wo im Norden der Stadt Platz für ein Stadion wäre, das 8000 bis 10.000 GAK-Fans eine neue Heimat geben könnte – samt Option einer Erweiterung, wie GAK-Vorstand Matthias Dielacher im März meinte. Dazu braucht es ein Grundstück sowie die verkehrs- und stadtplanerische Infrastruktur. Die spektakuläre Idee, am Dach des Einkaufszentrums Shopping Nord Fußballspiele anzupfeifen, sei, so hört man, eher wieder vom Tisch.

Kosten für ein neues Stadion sind noch völlig offen

Ein Ausbau in Weinzödl ist aus naturschutzrechtlichen Gründen praktisch ausgeschlossen, das Askö-Stadion ist ebenfalls aus dem Rennen. "Im Juni soll alles am Tisch liegen", so Ehmann. Dann soll bei einem neuerlichen Gipfel mit Politik, Beamten und Vereinen die Entscheidung für einen Standort fallen.

"Und erst dann kann man seriöserweise die Frage nach der Finanzierung stellen", meint Ehmann. Das ist dann Schritt zwei. Weil klar ist: Die Kosten gehen in die Millionen. Zum Vergleich: Linz hat die Gugl um 85 Millionen Euro neu errichtet und baut um 25 Millionen ein zweites Stadion – übrigens am Dach eines Möbellagers – für den kleineren Stadtverein Blau-Weiß. "Ohne Land Steiermark ist ein zweites Stadion jedenfalls nicht zu stemmen", macht deshalb Grünen-Klubchef Karl Dreisiebner gleich klar.

Sturm wartet schon lange auf die Vergrößerung des VIP-Klubs

Finanzstadtrat Manfred Eber (KPÖ) will in die Finanzdebatte noch nicht einsteigen, vielmehr verweist er darauf, dass die Stadt jedes Jahr rund eine Million Euro in das Stadion in Liebenau investiert, "um weiter alle Auflagen der UEFA für die höchste Stadionkategorie zu erfüllen". Und es gibt die politische Übereinkunft, das Sporttagungszentrum zu bauen. Das wurde schon 2018 beschlossen, aber immer wieder vertagt, zuletzt wegen der explodierenden Kosten. Der Umbau wird deshalb wohl auch geringer ausfallen – so oder so soll es für Sturm dann möglich sein, endlich den VIP-Klub von 700 auf 1000 Personen auszuweiten. "Welche Variante des Sporttagungszentrums zum Zug kommen soll, wird baulich wie wirtschaftlich noch im Detail geprüft. Dazu werden wir auch noch Gespräche mit den Vereinen führen."

Land Steiermark lässt sich die Stadionfrage offen

Und – Schritt drei – was sagt die Landespolitik? Die wartet vorerst ab. Im Dezember 2021 hatten sich Landeshauptmann Christopher Drexler (ÖVP) und Vize Anton Lang (SPÖ) mit der Stadt darauf verständigt, dass die Stadtpolitik zunächst ihre Hausaufgaben lösen und offene Fragen klären muss. "Die Landesregierung ist darauf aufbauend selbstverständlich jederzeit für weitere Gespräche bereit", heißt es auf Anfrage. Ein Satz, der nichts ein-, aber auch nichts ausschließt.