Vier Tage Stau im Innenstadtbereich, 321 Anzeigen betreffend das Versammlungs- und das Sicherheitspolizeigesetz sowie die Straßenverkehrsordnung: Das ist die Bilanz der "Osterwelle" der Letzten Generation in Graz. Von Dienstag bis Freitag hatten rund 90 Klimaaktivistinnen und -aktivisten jeweils gleich mehrere Straßen in Graz blockiert – meistens, indem sie sich auf der Straße festklebten, an einem Tag wurde die Maßnahme eines langsamen Spaziergangs mitten auf den Straßen ergriffen.
Bei den Protesten am Freitag – diesmal wurde der Frühverkehr in der Parkstraße, der Maria-Theresia-Allee, der Heinrichstraße und der Glacisstraße unterbrochen – war mit Martha Krumpeck auch eine der Gründerinnen der österreichischen Letzten Generation in Graz dabei. Ihr Fazit: "Es hat viel gebracht, wir hatten viel lokale Medienpräsenz und konnten die Leute dadurch aufrütteln." Man sei nicht nur beschimpft worden, sondern habe von Vorbeigehenden auch Zuspruch erhalten. Für Laila Fuisz, die an allen vier Protestaktionen diese Woche in Graz teilnahm, hat man auch das Solidaritätsgefühl gesteigert: "Wir haben einen enormen Zuwachs an Unterstützerinnen und Unterstützern, auch im Hintergrund haben wir immer mehr Leute, die etwa Flyer verteilen oder für uns kochen." Sie selbst könne als angehende Sozialarbeiterin vor allem angesichts der Tatsache, dass die Klimakatastrophe arme Menschen viel härter treffen werde als reiche, nicht länger zusehen: "Es geht um uns alle!"
Protestaktionen werden nun doch nicht gestoppt
Nach den vier Aktionstagen in Graz plant man in der nahen Zukunft keine Proteste in der Stadt. Diese werden sich im Mai auf Wien konzentrieren. In Graz soll in der letzten Aprilwoche ein Gespräch mit der Stadtregierung stattfinden, die man dazu bringen will, sich solidarisch mit den beiden Hauptzielen der Bewegung – Tempo 100 auf der Autobahn und ein Verbot neuer Öl- und Gasbohrungen – zu erklären. Vom ursprünglich ausgesprochenen "Friedensangebot", danach die Straßenblockaden einzustellen, nimmt man allerdings nun wieder Abstand: "Unsere Proteste richten sich ja nicht gegen die Städte, sondern gegen die Bundesregierung", sagte Krumpeck. Man überlege allerdings, einen anderen Fokus zu legen – etwa auf Institutionen des Landes Steiermark. Möglicherweise würde man auch andere, kreative Formen des Protests wählen, um neue Aufmerksamkeit zu gewinnen.
Für die Polizei bedeuteten die vier Tage der Klimaproteste und Straßenblockaden einen zusätzlichen und erheblichen Aufwand an Ressourcen. Die Belastung habe man durch entsprechende Einsatzplanung im Vorfeld und die Aktivierung zusätzlicher Kräfte stemmen können, sagt Stadtpolizeikommandant Thomas Heiland. Die größte Herausforderung sei die flexible und spontane Umleitung des Verkehrs – "und die am Asphalt klebenden Demonstranten so schonend wie möglich zu lösen und abzutransportieren" – was diese widerstandslos geschehen ließen. Für weitere Aktionen sei man jedenfalls gerüstet – mit laufender Aufklärung und der "Fortschreibung des erfolgreichen taktischen Einsatzkonzepts".
Auch wenn es zuletzt in Deutschland Kritik von "Fridays for Future" an der Art des Protests gab: In Österreich will die Letzte Generation an der Strategie des zivilen Widerstands festhalten, sagt Krumpeck: "Wir werden nie jemandem wehtun, aber weiter störend auftreten." Die Proteste werden ausgeweitet, um den Druck zu erhöhen. "Wir sind wie der Feueralarm auf einer brennenden Erde." Mit dem Hass, den sie mit ihren Störaktionen auf sich ziehen, könnten sie umgehen, sagen die Aktivistinnen Krumpeck und Fuisz: "Je mehr Hass wir auf uns ziehen, desto deutlicher sieht man auch unsere Entschlossenheit."