Die Grazer "Osterwelle" der "Letzten Generation" mit Protesten gegen Untätigkeit gegenüber dem Klimawandel ging Freitagfrüh weiter: Heute wurde ab 7.30 Uhr der Frühverkehr auf der Parkstraße, der Maria-Theresia-Allee, der Heinrichstraße und der Glacisstraße unterbrochen. Die Blockaden, bei denen sich mehrere Personen auf die regennassen Straßen klebten, taten ihre Wirkung – es staute auf sämtlichen Straßen in der Innenstadt, wie das Antenne-Verkehrsservice berichtete.
Die mit diesem Vorgehen bereits vertraute Polizei war rasch zur Stelle, es dürfte wie an den bisherigen Tagen Anzeigen geben, da die Aktionen nicht angemeldet waren. Einige Autofahrer drehten noch rasch um, um auszuweichen, bevor die Polizei eintraf. Einige Moped- und Motorradfahrer nützen noch schnell die Lücken zwischen den sitzenden Demonstranten zum Durchkommen, bevor diese ihre Transparente entrollt hatten. Kurz nach 9 Uhr konnten alle Straßensperren wieder aufgehoben und für den Verkehr vollständig freigegeben werden.
"Osterwelle" in Graz: 321 Anzeigen für 90 Aktivisten
Die Proteste sollten damit in die vorerst letzte Runde gehen. Im Mai wolle man sich vorerst auf Proteste in Wien konzentrieren, heißt es seitens der Aktivistinnen und Aktivisten. Gefordert wird weiterhin, dass die Bundesregierung in der Klimakrise "endlich die billigsten und einfachsten Schutzmaßnahmen für eine sichere Zukunft setzt: Tempo 100 auf der Autobahn und ein Verbot neuer Öl- und Gasbohrungen". Es sei unverantwortlich, "dass Kanzler Nehammer und Vizekanzler Kogler immer noch nicht bereit sind, sich hinter die Wissenschaft zu stellen".
90 Klimaaktivistinnen und Klimaaktivisten waren in den letzten vier Tagen laut Polizei im Stadtgebiet von Graz unterwegs. Insgesamt wurden demnach 321 Anzeigen von der Polizei gegen sie erstattet. Diese betrafen vor allem das Versammlungsgesetz, das Sicherheitspolizeigesetz und die Straßenverkehrsordnung.
"Derartige Lagen stellen grundsätzlich eine Herausforderung für die Polizei dar, weil sie immer einen zusätzlichen und erheblichen Aufwand an Ressourcen bedeuten, die parallel zum regulären Einsatzgeschehen bewältigt werden müssen", sagt der Stadtpolizeikommandant Brigadier Thomas Heiland. Positiv hervorzuheben sei aber die "ausgesprochen effiziente Zusammenarbeit unter den verschiedenen am Einsatz beteiligten Polizeieinheiten sowie mit anderen Einsatzorganisationen wie der Rettung und der Feuerwehr". Die Berufsfeuerwehr Graz war etwa im Einsatz, um die Kleberückstände von den Fahrbahnen zu entfernen.
"Es geht um uns alle!"
"Es geht um uns alle!", sagt etwa die 22-jährige angehende Sozialarbeiterin Laila Fuisz (22), die sich bereits das vierte Mal diese Woche an die Straße geklebt hat. Sie setze sich jeden Tag mit gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten auseinander: "Die Klimakatastrophe trifft arme Menschen viel härter. Die Regierung kann Entscheidungen treffen, die eine lebenswerte Zukunft für uns alle ermöglichen, nicht nur für die Reichsten der Reichen. Sie entscheidet sich aber jeden Tag dagegen. Ich kann dabei nicht länger zusehen." Sie wolle mit ihrem Protest dafür sorgen, "dass die Verantwortlichen die Fakten nicht länger ignorieren können".
Freiheitliche Jugend startete Protest gegen den Protest
Die Freiheitliche Jugend hat am Freitag zudem mit einer Gegenaktion die Meinung der Mehrheit der Österreicher zum Ausdruck gebracht: Die Politik müsse endlich die Gesetze verschärfen und der Polizei die Möglichkeit geben, hart durchzugreifen.
Protestaktionen täglich von Dienstag bis Freitag
Gestern Donnerstag hat die "Letzte Generation" um 8 Uhr drei Murbrücken blockiert. Bei regnerischem Wetter ging auf den stark frequentierten Flussübergängen Keplerbrücke, Tegetthoffbrücke und Augartenbrücke gar nichts mehr – einige Aktivisten hatten sich festgeklebt. Es kam zu umfangreichen Staus im Stadtgebiet, bevor die Polizei die Festgeklebten losmachen konnte. Es kam erneut zu mehreren Anzeigen.
Am Dienstag hatten die Proteste begonnen, Verkehrsadern in der Innenstadt wurden blockiert, wobei es am Mittwoch zu keinen Festklebungen gekommen war, sondern zu langsamen Märschen. Die Aktionen waren bisher nicht angemeldet.
Der Gruppe "Letzte Generation" zufolge haben mehrere Wissenschaftler ihre Solidarität mit Windl ausgedrückt, unter anderem Klaus Schönberger, Professor für Kulturanthropologie an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt, weiters der Ökologe der Uni Wien Franz Essl, Wissenschaftler des Jahres 2022, gekürt vom Klub der Bildungs- und Wissenschaftsjournalisten, sowie die Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb. Auch aus der Grazer Kulturszene solidarisierten sich rund 40 Personen mit der Gruppe.