Es sind Umbrüche, die an intimsten Orten stattfinden, und doch für alle sichtbar; nach Beschwerden von Betroffenen – doch meist, um prophylaktisch tätig zu werden. Also gibt es schon 62 "All-Gender-Toiletten" am Campus der Med Uni Graz, 39 an den FH-Standorten, die TU hat zwölf Stück, die Uni Graz fünf Klos für alle. Eine Welt, die zuletzt mehrfach aus den Angeln gehoben wurde, verliert auch gesellschaftliche Rahmen – und bietet plötzlich nicht nur Begriffe wie "nicht-binär" (die Person akzeptiert die herkömmliche Geschlechterteilung nicht), sondern eben auch Klos für alle.
Diese seien "für jene, die sich dem weiblichen bzw. männlichen Geschlecht nicht oder nicht eindeutig zuordnen, eine Erleichterung", betont Mireille van Poppel, Vizerektorin der Uni Graz. Seitens der Kunstuni, welche die Etablierung solcher WCs "in allen Gebäuden" plant, schließe man sich folgender Argumentation der Uni Graz an, meint Sprecher Hermann Götz: Betroffene würden es "aus Angst oder Unwohlsein oft vermeiden, binär-gegenderte Toiletten zu nutzen, indem sie wenig trinken. Sowohl Dehydration als auch das Einhalten können gesundheitliche Folgen haben".
Doch auch Barbara Krenn-Schöggl, Direktorin der Grazer Modeschule, bestätigt: "Bei uns ist das ausgehend von Schülern ein massives Thema." Daher seien der Installierung solcher Toiletten umfassende Besprechungen vorausgegangen. Markus Kerschbaumer, Direktor des BORG Monsberger, ergänzt: "Wir haben Schülerinnen und Schüler, die sich den queeren Lebenswelten zurechnen und sich solche WCs gewünscht haben." Nach anfänglichem Widerstand einzelner Kinder gab es eine Diskussionsveranstaltung und eine Online-Umfrage. Um eine "Stigmatisierung" zu vermeiden, habe man kein spezielles Klo geschaffen, sondern "zwei normale Schüler-WCs für alle geöffnet".
Als Leiter der Schulpsychologie unterstützt Josef Zollneritsch solche Schritte, rät aber zu begleitenden Gesprächen. "Es ist jedenfalls ein Trend, dem man sich nicht verschließen kann." Joe Niedermayer, Vorstand der RosaLila Pantherinnen, geht davon aus, "dass solche Toiletten in ein paar Jahren bei Neubauten verpflichtend sind". Dem Argument, dass dies einer Minderheit zuliebe passiert, kann Niedermayer folgen – und er verstehe auch, dass der Umbruch viele verunsichere. "Aber die Reife einer Gesellschaft erkannt am Umgang mit Minderheiten. Außerdem ist es wichtig, im Gespräch zu bleiben, anstatt Schauermärchen zu erzählen. Also zu zeigen, dass Betroffene ganz normale Menschen sind."
Übrigens: Einige All-Gender-Klos sind tatsächlich für alle gedacht – also auch behindertengerecht und mit Wickeltischen ausgestattet.