Im Bereich der Oper sind die Aktivistinnen und Aktivisten der "Letzten Generation" am Dienstag in der Früh in Graz kurz vor acht Uhr einmal mehr zur Tat geschritten. Sie blockierten erneut den Morgenverkehr, um von der Politik mit Nachdruck mehr Engagement im Kampf gegen den Klimawandel zu fordern: Sie soll Tempo 100 auf den Autobahnen einführen und das Ende des fossilen Zeitalters einläuten. Diese nun anhebende Protestwelle war bereits Ende März angekündigt worden, es dürfte in dieser Woche also zu mehreren Aktionen kommen. Am Dienstag starteten die Aktivistinnen ihre Blockaden erstmals in Graz an drei Stellen im Straßennetz: am Opernring, der Franz-Graf-Allee und der Mandellstraße.
Diesmal war die Polizei schon vor Ort, als die Aktivisten die Franz-Graf-Allee bei der Oper sperrten. Sie hat den Bereich teils vorher abgeriegelt und offenbar für Umleitungen gesorgt, um kein Stauchaos entstehen zu lassen. Nach rund 20 Minuten begann die Polizei, die nicht angemeldete Versammlung aufzulösen. Doch gestaltete sich das zäh. Der Kleber hielt diesmal so gut, dass erst nach gut 40 Minuten die ersten Blockaden nach und nach gelockert werden konnten. Um 9.30 Uhr war schließlich die polizeiliche Sperre der Allee immer noch aufgehoben, dauerte der Einsatz noch an. Gegen 9.40 Uhr war der Spuk dann vorbei.
Der Aufreger
"Friedensangebot" an Städte: Bregenz an Bord
Die "Letzte Generation" hat aber der Stadt inzwischen ja auch eine Art "Friedensangebot" unterbreitet. Sollte sich die Stadtregierung auch mit den Forderungen der Aktivisten-Truppe solidarisieren, würde diese die Blockaden in Graz einstellen. Derartige Aufrufe hat die "Letzte Generation" auch schon in Deutschland gestartet – es folgte eine Debatte über "erpresserische Methoden". In Vorarlberg hat sich die Stadt Bregenz indes bereits solidarisch erklärt. In einem Schreiben an Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), unterzeichnet von SPÖ-Bürgermeister Michael Ritsch und Vizebürgermeisterin Sandra Schoch (Grüne), unterstützt man die beiden Forderungen. Die "Letzte Generation" sprach in diesem Zusammenhang von einem historischen Moment und zeigte sich überzeugt, dass weitere Städte folgen werden. Die Stadt Graz hat sich dazu vorerst offiziell noch nicht näher geäußert.
Grazer Stadtregierung ist gesprächsbereit
Im Grazer Rathaus zeigt man sich jedenfalls gesprächsbereit, wie aus dem Büro der Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ) zu hören ist: “Wir sind nun von der Letzten Generation auch direkt kontaktiert worden und werden jetzt gemeinsam mit der Vizebürgermeisterin Judith Schwentner einen Termin mit den Aktivisten koordinieren.” Es sei durchaus vorstellbar, dass die Stadt sich dann mit den Forderungen der Letzten Generation solidarisiere. Diese seien ja konform mit jenen des Klimarates und auch durchaus im Einklang mit dem Koalitionspakt der Stadtregierung aus KPÖ, Grüne und SPÖ. Schwentner dazu: "Ich teile auch den Befund der Aktivistinnen und Aktivisten, dass ein fundamentales Umdenken und rasches Handeln der Politik notwendig ist, um die katastrophalen Auswirkungen der Klimakrise noch abzuwenden. Daher werde werde ich gemeinsam mit der Bürgermeisterin sehr zeitnahe ein erstes Gespräch mit der Letzten Generation führen. Wir werden die Forderungen und unsere Möglichkeiten der Unterstützung als Stadt Graz in diesem Termin im Detail besprechen." Die Form des Protests auf Kosten anderer Menschen, die die Beschädigung von Eigentum und die Gefährdung von Personen zur Folge haben könne, seien aber abzulehnen, so die Vizebürgermeisterin.
ÖVP, FPÖ und KFG kritisieren "Erpressungstaktiken"
„Klimaschutz geht uns alle an und darf nicht in die Geiselhaft von einzelnen Aktivisten genommen werden", heißt es in Kurt Hohensinners Volkspartei: Mit dieser Vorgehensweise würden sie all jenen schaden, die sich positiv für eine bessere Zukunft einsetzen würden. Als Volkspartei fordert man von der Stadtspitze eine klare Abgrenzung ein: "Einem Gespräch soll man sich nicht verschließen, aber derartigen Erpressungstaktiken darf nie nachgegeben werden. Sonst läuft man Gefahr immer weiter erpressbar und mit neuen Forderungen konfrontiert zu sein."
Die FPÖ und die Ex-Blauen vom Grazer Korruptionsfreien Gemeinderatsklub kritisieren die Letzte Generation einmal mehr scharf. FP-Landessekretär Stefan Hermann fordert ein hartes Vorgehen gegen die Aktivistinnen und Aktivisten. Die Stadt dürfe keinesfalls auf die Erpressungsstrategie der Gruppierung eingehen.
Kreative unterstützen die Forderungen der Aktivisten
Im Vorfeld haben sich bereits mehr als 40 steirische Kreative aus Kunst, Kultur und Architektur mit der "Letzten Generation" solidarisch erklärt. Darunter sind etwa Ed Hauswirth vom Theater im Bahnhof, die IG Kultur, Musiker und Theatermann Sandy Lopicic oder der The-Base-Sänger Norbert Wally zu finden. Diese Unterstützungserklärung folgt auf jene von führenden Wissenschaftlerinnen und Forschern, die sich im Jänner in Wien und im März auch in Graz hinter die Forderungen der Aktivisten gestellt haben. Einige der Kreativen kamen am Dienstag auch zur Blockade. Sie spendeten den Klimaaktivistinnen denn auch Applaus, als die Polizei die Versammlung auflöste.
So lief der Einsatz für die Polizei ab
Der Einsatz dauerte für die Polizei rund zwei Stunden: Die beiden Fahrbahnen im Bereich Glacisstraße/Kaiser-Josef-Platz, die seit 7.45 Uhr gesperrt waren, konnten um 08.45 Uhr bereits wieder für den gesamten Verkehr freigegeben werden. Die Sperre im Bereich der Franz-Graf-Allee dauerte bis zum Einsatzende um 09.40 Uhr an.
Wie man betont, sei man mit zahlreichen Einsatzkräften der Bereitschaftseinheit (BE) sowie der Schnellen Interventionsgruppen (SIG) auf derartige Einsätze gut vorbereitet gewesen: Die Polizei habe so rasch reagieren können - "und mehrere Streifen der Grazer Verkehrspolizei sorgten umgehend für erforderliche Umleitungen, sodass ein Verkehrschaos oder größere Staus in den Morgenstunden weitgehend vermieden werden konnte", heißt es im Einsatzbericht der Polizei. Gefahrenstoffkundige Organe (GKO) lösten die Handflächen der festgeklebten Personen aufwändig mit speziellem Lösungsmittel von der Fahrbahn, es folgten Identitätsfeststellungen und insgesamt mehr als 50 Anzeigen wegen diverser Verwaltungsübertretungen. Verletzt wurde niemand.
"Aktionswoche": Es geht also weiter
Aufgrund der ausgerufenen „Aktionswoche“ in Graz ist auch in den kommenden Tagen mit derartigen Aktionen und Verkehrsbeeinträchtigungen zu rechnen, heißt es seitens der Polizei.