Der Maserncluster mit Ausgangspunkt Steiermark und österreichweit bisher 57 Fällen, darunter vereinzelten Ansteckungen in anderen Bundesländern, zeigt für die Impfexpertin Ursula Wiedermann-Schmidt eine "beunruhigende" Aktivität. "Weil wir sehen, dass der Ausbruch nach sechs Wochen noch nicht im Griff ist", sagte die Professorin für Vakzinologie der MedUni Wien am Mittwoch beim Fortbildungskongress der Apothekerkammer in Schladming. Statt einer Durchimpfung von 95 Prozent erreiche Österreich nur 85 bis 86 Prozent.
So kam es zum Masernausbruch
Die ersten rund 20 Fälle des Ausbruchs in Graz waren am 20. Februar bekannt gegeben worden. Der Ursprung lag aber bereits Ende Jänner durch eine Einschleppung von einer Reise bei der Rückkehr nach Österreich, berichtete Wiedermann-Schmidt. Dieser Betroffene habe eine weitere Person angesteckt, die dann in Graz auf eine Hochzeitsgesellschaft mit mehr als 400 Personen gegangen sei. Die meisten Gäste dort seien nicht geimpft gewesen, betonte die Medizinerin. So habe es "innerhalb kürzester Zeit" 22 Infizierte gegeben.
Sechs Kinder waren hospitalisiert
Leider habe sich der Cluster auch auf Kindergärten und Schulen ausgebreitet. Sechs betroffene Kinder, "denen es nicht sehr gut ging", wurden bisher hospitalisiert, sagte Wiedermann-Schmidt. "Gott sei Dank ist kein Todesfall aufgetreten." Es gäbe in Österreich klare Vorgaben, wie ein Ausbruch eingedämmt wird. Neben Kontrollmaßnahmen können Personen bis zu 72 Stunden nach dem Kontakt nachgeimpft werden. Betroffenen, die keinen Lebendimpfstoff erhalten dürfen, wie Schwangere, können Immunglobuline gegeben werden.
Pandemiemaßnahmen bremsten auch Masernfälle
Während der Coronapandemie habe es in Europa durch die Kontaktbeschränkungen kaum Masernfälle gegeben. Nun beginne der "Sturm" wieder. Österreich hatte bereits vor Corona eine zu niedrige Maserndurchimpfungsrate, betonte die Leiterin des Instituts für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin der MedUni Wien.
Alle Kräfte mobilisieren, um Durchimpfungsrate zu steigern
Bei Ausbrüchen seien "vorwiegend immer die betroffen, die gar keine Impfung erhalten haben". Impfdurchbrüche gibt es zudem besonders bei Jugendlichen, die nur eine statt zwei Dosen geimpft bekommen haben, erläuterte Wiedermann-Schmidt. Die Problematik ziehe sich aber bis ins Erwachsenenalter. Es gibt relativ viele Ausbrüche bei 20- bis 29-Jährigen, "wo wir keine Impfung haben oder der Impfstatus nicht bekannt ist".
Der Ausbruch in der Steiermark "ist für uns eine Alarmierung, damit wir alle Kräfte mobilisieren, dass die Durchimpfungsrate wieder besser wird", forderte Wiedermann-Schmidt. Die Masern-Mumps-Röteln-Impfung ist in Österreich für alle Altersgruppen kostenlos nachholbar und ab dem vollendeten neunten Lebensmonat allgemein empfohlen.